Gesetz soll Sozialsystem schütze Immer mehr EU-Ausländer klagen bei Kommunen Sozialhilfe ein

Berlin · Die Bundesregierung will EU-Ausländern den Zugang zum deutschen Sozialsystem erschweren und damit den möglichen Missbrauch von Sozialleistungen begrenzen. Grüne und Gewerkschaften sind gegen den Gesetzesentwurf.

 Ein neues Gesetz soll den Anspruch auf Sozialleistungen für EU-Ausländer in Deutschland stark beschränken.

Ein neues Gesetz soll den Anspruch auf Sozialleistungen für EU-Ausländer in Deutschland stark beschränken.

Foto: dpa, rhi pzi fux fdt

Immer mehr Bürger aus anderen EU-Staaten kommen nach Deutschland und fordern Sozialhilfeleistungen ein. Nach Auskunft des Deutschen Städtetags ist die Zahl innerhalb eines Jahres deutlich gestiegen. "Aus vielen Städten wird berichtet, dass EU-Angehörige unter Berufung auf die Urteile des Bundessozialgerichts Sozialhilfeleistungen einfordern und einklagen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy, unserer Redaktion. Die Städte begrüßten daher die Pläne der Bundesregierung, den Anspruch von EU-Bürgern auf deutsche Sozialleistungen zu begrenzen. "Wir brauchen dieses Gesetz jetzt rasch, damit die Kommunen nicht weiter zusätzliche Sozialausgaben schultern müssen", forderte Dedy.

In einem Aufsehen erregenden Urteil Ende vergangenen Jahres hatte das Bundessozialgericht EU-Bürgern einen Anspruch auf Sozialhilfe in Deutschland nach einem "verfestigten" Aufenthalt von mindestens sechs Monaten zugesprochen, auch wenn sie vorher nicht gearbeitet hatten. Das Urteil löste in den Kommunen, die für die Sozialhilfe aufkommen müssen, große Befürchtungen aus. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte daraufhin ein Gesetz angekündigt, das den Sozialhilfeanspruch von EU-Bürgern einschränken soll. Nach Verzögerungen kommt es am Dienstag ins Kabinett. Es sieht vor, dass EU-Bürger für fünf Jahre von Hartz-IV- und Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen sein sollen, wenn sie nicht durch eigene Arbeit Ansprüche erworben haben.

"Angesichts der Herausforderungen für die Städte durch die Aufnahme von Flüchtlingen würde es die Integrationsmöglichkeiten, aber auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Städte zusätzlich belasten, wenn die Auslegung des Bundessozialgerichtes nicht korrigiert wird", sagte Dedy. Die Fünf-Jahres-Schwelle sei richtig, sagte der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Hans-Günter Henneke. "Nach dieser Zeit kann nämlich auch eine aufenthaltsrechtliche Niederlassungserlaubnis erteilt werden", sagte Henneke.

Nach Einschätzung der Bundesregierung ist das Vorhaben europarechtskompatibel, da der Europäische Gerichtshof den Mitgliedsländern in mehreren Urteilen erlaubt hat, seine Sozialsysteme vor Missbrauch zu schützen. Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes hatte die Pläne allerdings als verfassungswidrig eingestuft, weil sie gegen Artikel 1 des Grundgesetzes verstoßen würden, der das Recht auf Sicherung einer menschenwürdigen Existenz in Deutschland garantiert.

Die Grünen kritisierten das Gesetz. "Die Pläne von Frau Nahles widersprechen dem Prinzip der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU", so Grünen-Politikerin Brigitte Pothmer. "Wir wollen stattdessen, dass ein EU-Ausländer, der nachweisen kann, dass er wirklich auf Arbeitssuche in Deutschland ist und dabei Aussicht auf Erfolg hat, auch Anspruch auf Hartz IV haben soll."

(mar)
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