Prag Massen-Amnestie stößt in Tschechien auf Widerspruch

Prag · Die Amtszeit des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus (71) endet in wenigen Wochen. Dass er die Prager Burg nicht ohne Eklat verlassen würde, war zu erwarten. Von seiner überaus großzügigen Teilamnestie für 7400 Gefangene fühlen sich viele Tschechen provoziert. Viele der korrupten Freunde Klaus' würden davon profitieren, schimpfen Opposition und Medien.

Klaus hat sein "Zeichen der Versöhnung und des Verzeihens" im Alleingang umgesetzt – ohne Rücksprache mit der rechtsliberalen Regierung und der Justiz. Die Oppositionsparteien beschweren sich, davon erst aus der Neujahrsansprache des Präsidenten erfahren zu haben.

Ein Drittel aller in Tschechien Inhaftierten kommt in den Genuss des Gnadenakts. In erster Linie dürfen Kleinkriminelle mit weniger als einem Jahr Haft vorzeitig die überfüllten Gefängnisse verlassen. Juristisch besonders umstritten ist die Amnestie für Beschuldigte, die noch nicht verurteilt sind: Läuft deren Verfahren seit mindestens acht Jahren, wird es eingestellt.

Von der Amnestie profitieren auch eine Reihe von Wirtschaftskriminellen, die aus dem Umfeld der rechtsliberalen Bürgerpartei ODS stammen, deren langjähriger Chef Klaus war. Die Amnestie sei ein "Geschenk" des scheidenden Staatsoberhaupts "an seine Freunde aus der Wirtschaft", so der sozialdemokratische Präsidentschaftskandidat Jiri Dienstbier. Freilich war die Linksopposition, als sie selbst regierte, nicht weniger korrupt.

Klaus' Nachfolger soll erstmals nicht durch das Parlament, sondern direkt vom Volk am 11. und 12. Januar gewählt werden.

(RP)
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