Kolumne: Wir In Nrw Schlechte Zeiten für die Gleichstellung

Düsseldorf · Im neuen Bundestag sitzen so wenige Frauen wie im tunesischen Parlament. Im Landtag ist der weibliche Anteil sogar noch geringer. Im Ländervergleich kommt Deutschland bei der Gleichstellung nicht voran.

Kolumne: Wir In Nrw: Schlechte Zeiten für die Gleichstellung
Foto: Andreas Krebs

Im europäischen Vergleich liegt die Bundesrepublik bei der Gleichstellung von Männern und Frauen nur auf Platz zwölf. Das war auch schon vor drei Jahren so, wie das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen errechnete. Dabei gibt es genug zu tun. Frauen bekommen für dieselbe Arbeit weniger Lohn. Ihre Altersrenten sind im Durchschnitt nur in etwa halb so hoch wie die der Männer. In Wirtschaft und Politik sind Frauen an den entscheidenden Stellen immer noch deutlich unterrepräsentiert. Die Nationale Armutskonferenz stellte diese Woche fest: Als Mädchen geboren zu werden, bedeutet in Deutschland ein erhöhtes Armutsrisiko.

Im neuen Bundestag liegt der Frauenanteil mit 31 Prozent auf etwa dem gleichen Niveau wie im tunesischen Parlament - und ist damit so niedrig wie zuletzt vor 19 Jahren. Obwohl Frauen mehr als 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Im NRW-Landtag ist die Frauenquote sogar noch niedriger: 27,6 Prozent. 12,5 Prozent bei der AfD-Fraktion, bei der FDP knapp 18 Prozent, bei der CDU sind es 23,6 Prozent und bei der SPD 34,8 Prozent. Das beliebte Argument, es gebe zu wenige Frauen, die sich engagieren wollten, zieht nicht.

Die NRW-Grünen machen es vor: Bei 50 Prozent liegt der Frauenanteil in ihrer Fraktion. Wer einmal auf einem Grünen-Parteitag war, weiß auch, warum: Per Stoppuhr wird darauf geachtet, dass Männer nicht länger reden als Frauen und auf einen Redner stets eine Rednerin folgt. Und darauf, dass Kandidatenlisten möglichst zur Hälfte mit Frauen besetzt werden.

Auch außerhalb der Parlamente gehen Fraueninteressen zurzeit leicht unter. Einigen weiblichen Landtagsabgeordneten fällt auf Anhieb keine Organisation ein, die übergreifend Fraueninteressen in der Landespolitik vertritt. Zwar existiert mit dem Frauenrat NRW eine solche Lobby. Deren Selbstdarstellung liest sich aber erstaunlich defensiv: Sie habe die "schwierige Aufgabe, die unterschiedlichsten Interessen" der vielen angeschlossenen Verbände umzusetzen.

Was der Frauenrat von der neuen Landesregierung fordert, ist bisher kaum bekannt. Bei den gut organisierten Handwerkern, Polizisten oder Lehrern ist das ganz anders.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(kib)
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