Berlin Koalition will Aufblähung des Bundestages noch stoppen

Berlin · Mit einer neuen Variante des Wahlrechts könnte die große Koalition das befürchtete Aufblähen des Bundestags auf 700 und mehr Abgeordnete doch noch verhindern. Das zeichnete sich am Abend nach einem Gespräch von Spitzenpolitikern von Union und SPD mit Bundestagspräsident Norbert Lammert ab. Basis soll eine neue Berechnungsgrundlage sein.

Beim geltenden Wahlrecht liefert das vorgeschriebene Verhältnis von so genannten Überhang- zu Ausgleichsmandaten Anlass zu einer enormen Vermehrung der Mandatszahlen. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate durch die Erststimme gewonnen hat, als ihr nach dem Anteil an den Zweitstimmen eigentlich zustehen. Als Folge werden die Mandate bei den anderen Parteien so lange erhöht, bis die Gesamtzahl auf Bundes- und Landesebene dem Kräfteverhältnis der Parteien entspricht. So wurden 2013 aus vier Überhang 29 Ausgleichsmandate.

Auf Anregung der SPD soll nun bis Mitte Dezember ein neues Modell gerechnet werden. Das legt die für die einzelnen Bundesländer vorbestimmten Mandatsanteile nicht mehr anhand der Bevölkerungszahl inklusive Kindern und Ausländern fest, sondern bezieht sich allein auf die Stimmen für Parteien oberhalb von fünf Prozent. 2013 angewandt, hätte der Bundestag nicht 631 sondern 614 Abgeordnete umfasst.

Alternativ ist auch der Lammert-Vorschlag auf dem Tisch, eine gesetzliche Obergrenze von zum Beispiel 630 Abgeordneten einzuführen. "Der Bundestag darf nicht aus den Nähten platzen", sagte Unions-Innenexperte Stephan Harbarth unserer Redaktion. Es könne nicht im Interesse des Parlamentes sein, auf vielleicht mehr als 700 Mitglieder zu wachsen. "Wir wollen dem einen Riegel vorschieben und verschiedene Möglichkeiten ohne Denkverbote prüfen", kündigte er an. Sein Appell: "Jetzt muss jede Partei einmal über ihren Schatten springen und das möglichst schnell, denn die Zeit ist langsam knapp." Ende Januar soll die Reform stehen.

(RP)
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