Berlin Koalition schafft Sicherheitspolster im Etat

Berlin · Der Haushaltsüberschuss des laufenden Jahres wird ins Jahr 2016 übertragen, um Mehrausgaben für Flüchtlinge ausgleichen zu können.

Union und SPD wollen sich ein milliardenschweres Sicherheitspolster für die Flüchtlingshilfe einrichten. Mindestens fünf Milliarden Euro, die in diesem Jahr nicht verbraucht werden, sollen in einen Sonderfonds fließen, den die Koalition 2016 für Mehrausgaben für Flüchtlinge nutzen kann. Dies soll Bestandteil eines Zusatzetats sein. "Wir werden einen zweiten Nachtragshaushalt 2015 auf den Weg bringen. Er dient dazu, nicht benötigte Mittel in Höhe von voraussichtlich fünf Milliarden Euro aus dem laufenden Haushaltsjahr ins kommende Jahr zu übertragen", sagte der Chefhaushälter der Union, Eckhardt Rehberg. Mit dem Geld "wollen wir 2016 zusätzliche Ausgaben für Flüchtlinge finanzieren".

Die steigenden Kosten der Flüchtlingsversorgung sind für die Haushaltspolitiker in diesem Herbst die größte Herausforderung. Die traditionelle Haushaltswoche im Bundestag beginnt am Dienstag mit der Einbringung des Bundeshaushalts 2016 durch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Sein bisheriger Etatentwurf sieht Ausgaben von 312 Milliarden Euro vor. Infolge der Flüchtlingszahlen dürfte die Summe nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen im Spätherbst um mehrere Milliarden Euro steigen. Dennoch will die Koalition sicherstellen, dass der Bund auch 2016 keine neuen Schulden macht.

Die Übertragung des Etatüberschusses 2015 auf 2016 dient dazu, die schwarze Null im Etat gegen alle Eventualitäten abzusichern. Denn die Flüchtlingsversorgung könnte schnell noch deutlich teurer werden als derzeit erwartet. Der Bund werde die Kommunen ab 2016 mit jährlich "drei Milliarden Euro plus x" unterstützen, hieß es in der SPD. Städtetagspräsidentin Eva Lohse (CDU) bezifferte die reinen Versorgungskosten der Kommunen ohne Integrationsleistungen jedoch bereits auf einen zweistelligen Milliardenbetrag. Übernähme der Bund davon die Hälfte, läge der Mehrbedarf deutlich über drei Milliarden Euro. Im Gespräch ist eine Pro-Kopf-Pauschale von 1000 bis 1200 Euro pro Monat für die Kommunen, die Bund und Länder zu je 45 Prozent und die Kommunen selbst zu zehn Prozent tragen würden.

Hinzu kommen steigende Hartz-IV-Ausgaben für Flüchtlinge sowie Mehrausgaben der Bundesagentur für Arbeit für Qualifizierung und Sprachkurse von insgesamt etwa 2,5 Milliarden Euro. Zudem will Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die Bundespolizei aufstocken. Neben 1000 Polizisten will er auch einfache Helfer für die Registrierung der Flüchtlinge einstellen. Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) hat mehr Mittel für den sozialen Wohnungsbau angemeldet.

Steuer- oder Abgabenerhöhungen seien in dieser Legislaturperiode aber ausgeschlossen, versichern Union und SPD. Die Opposition kritisiert dagegen die geringe Zukunftsvorsorge. "Im Haushalt lauern milliardenschwere Zukunftsrisiken, gerade wegen der Leerung der Rentenkasse durch die große Koalition und den geringen Investitionen", sagte Sven-Christian Kindler, Haushaltssprecher der Grünen. "Der Haushalt von Wolfgang Schäuble ist ein Risikohaushalt. Das wird zurzeit nur durch die niedrigen Zinsen und die gute Konjunktur überdeckt." In Wahrheit lebe das Land von der Substanz und auf Kosten der kommenden Generationen. Kindler: "Nach dem Wahltag 2017 ist Zahltag."

(mar)
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