Mit Verlaub Kein Hochmut gegenüber Uncle Sam!

Düsseldorf · Die USA sind ein Land der Extreme: hellste Brillanz einerseits, dunkelste Abnormität andererseits. War das etwa in Deutschland und Europa anders, wo man gerne den Kopf schüttelt über Trump?

Kein Hochmut gegenüber Uncle Sam! - eine Kolumne
Foto: Michels

Gegensätzlicher können die Erfahrungen vom Beginn dieser Woche nicht sein. Einerseits: denkbar bester wissenschaftlicher Lorbeer, die Nobelpreise für Medizin und Physik, wieder einmal US-Amerikanern zuerkannt. Man möchte mit Miss Sophie aus dem legendären Silvester-Sketch "Dinner for One" leicht abgewandelt ausrufen: "Same procedure as every year, Uncle Sam."

Andererseits: schwer begreifliche menschliche Niedertracht und Abnormität eines US-Amerikaners, der von seinem Hotelzimmer aus auf Menschen wie auf Hasen schießt und dessen Namen fortan den denkbar abscheulichsten Zusatz "Massenmörder" trägt.

Ein deutscher Fernsehkorrespondent, der viele Jahre aus den USA berichtet hat und zwischen leidenschaftlicher Zuneigung und tiefer Irritation hin- und hergerissen war, fasste seine Eindrücke und Erfahrungen mit dem Land, das zugleich ein Kontinent ist, sinngemäß so zusammen: Alles, was Sie an Großartigem über Amerika lesen, stimmt. Aber es stimmt genauso das Gegenteil. Die Autorin Helene Pawlitzki schrieb Anfang September im Wochenend-Magazin dieser Zeitung unter dem Titel: "Amerika, wir müssen reden": "Vielleicht ist es Zeit, die nationale Brille abzunehmen und die USA als das zu betrachten, was sie sind: ein riesiges Land voller Widersprüche, großartiger Ideen und - gelegentlich - wüster Verirrungen." Es folgt ein Zusatz: "... ein bisschen wie Deutschland, zu allen Zeiten."

Da zupfte uns Schönwetter-Demokraten jemand am Ärmel und zielte auf deutschen Oberlehrer-Habitus mit dem in linken wie rechten Kreisen gepflegten Anti-Amerika-Dünkel.

Es soll ja ansonsten stets besonders reiselustige Deutsche geben, die die Vereinigten Staaten derzeit nur deshalb meiden, weil dort ein Präsident in Ausbildung waltet. Das Volk, dessen schrecklichster Führer aller Zeiten vor nicht einmal 80 Jahren seine Armeen Europa niedertrampeln ließ, blickt voller Abscheu und mit gewissem Hochmut auf Trump, der an einen orientalischen Maulhelden aus Karl Mays Erzählungen erinnert.

Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten mag das Resultat einer (siehe oben) "wüsten Verirrung" Amerikas sein. Aber dank der wunderbaren amerikanischen Verfassung mit der Amtszeit-Begrenzung für Präsidenten sind das Land und der Rest der Welt Mister Trump ja in spätestens gut sieben, vielleicht gut drei Jahren wieder los. Und: Denken wir doch einen Moment selbstkritisch und demütig darüber nach, wie viele Blutsäufer seit Ende des 18. Jahrhunderts, als die USA entstanden, die deutsche und europäische Geschichte verunstaltet haben.

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(RP)
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