Ottawa Kanada lockt Millionen Einwanderer ins Land

Ottawa · Verfolgte oder Wirtschaftsflüchtlinge - egal. Hauptsache, sie kommen, bleiben und verhindern damit eine Schieflage der Altersstruktur.

Kanadas Regierung hat ein Problem: Das zweitgrößte Land der Erde hat Platz für mindestens 300 Millionen Menschen, aber tatsächlich leben dort gerade mal 36,3 Millionen. Für die muss mit einem gigantischen Aufwand eine Infrastruktur mit Verkehrswegen und Versorgungen wie Strom und Wasser unterhalten werden. Über das Land verteilt kommen dazu noch Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser oder Altersheime für manchmal nur eine Handvoll in der Gegend lebende Menschen. Aber auf Dauer reichen die Steuereinnahmen zur Finanzierung dieses Aufwands nicht aus.

Zur Verbesserung der Notlage verfolgt Kanada deshalb seit Jahrzehnten die Politik eines klassischen Einwandererlandes. In vielen Gegenden ist die Hälfte aller Bewohner nicht im Land geboren, sondern eingewandert. Meist aus Europa, Asien und Afrika. Aber das reicht dem jungen Premierminister Justin Trudeau und seinem als Asylant aus Somalia nach Kanada gekommenen Einwanderungsminister Ahmed Hussen immer noch nicht. Deshalb hat die Regierung jetzt beschlossen, in den kommenden drei Jahren rund eine Million Ausländer zur Einwanderung nach Kanada zu bewegen. Davon sollen etwa 250.000 Asylbewerber sein. Verfolgte oder Wirtschaftsflüchtlinge - ganz egal. Hauptsache sie kommen und bleiben.

In den kommenden fünf Jahren soll die Einwandererquote auf sechs Prozent der gegenwärtigen Bevölkerungszahl ansteigen: Macht insgesamt zwei Millionen Einwanderer, davon eine halbe Millionen Asylbewerber. Um auf diese Quote zu kommen, müsste beispielsweise Deutschland nicht weniger als fünf Millionen Neubürger begrüßen, und Österreich und die Schweiz jeweils eine halbe Million. Und das in nur fünf Jahren.

"Schon die Vergangenheit zeigte, dass unsere Gesellschaft einen Massenzuzug von Ausländern verschiedener Kulturen leicht verkraftet", erklärte Trudeau. "Nicht umsonst gilt unsere Gesellschaft als Weltmeister der Toleranz". Als Beweis dafür wird immer wieder die kanadische Kriminalitätsstatistik bemüht. In keinem anderen Industrieland der Erde ist unter Berücksichtigung der Bevölkerungsgröße die Zahl fremdenfeindlicher Straftaten so niedrig wie in Kanada. Zu den beliebtesten Serien im kanadischen Fernsehen gehört die Reihe "Die kleine Moschee in der Prärie", in der die Helden islamischen und nicht christlichen Glaubens sind.

Wenn die Sache mit der Masseneinwanderung nicht klappt, werde sich die kanadische Gesellschaft in etwa 20 Jahren in einer katastrophalen Schieflage der Altersstruktur befinden, ließ sich Premier Trudeau ausrechnen. Dann werde auf jeweils zwei Kanadier im arbeitsfähigen Alter ein Rentner entfallen. Davor graut es auch Finanzminister Bill Morneau: "Dann brechen die Steuereinnahmen des Staates zusammen. Und wie sollen wir dann noch staatliche Ausgaben wie Krankenversicherung und Renten bezahlen?" Doch Trudeau ist zuversichtlich: "We can do it". Auf gut Deutsch: "Wir schaffen das".

(RP)
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