Persönlich Julian Assange . . . lässt sich doch nicht verhaften

Seit dem 19. Juni 2012 steckt Julian Assange in der Klemme. Genauer gesagt: in einer umgebauten 20-Quadratmeter-Damentoilette ohne Tageslicht und Frischluft - in der ecuadorianischen Botschaft in London. Seinem Zwangsexil. Setzt der 44-jährige Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks auch nur einen Fuß vor die Botschaftstür, riskiert er Festnahme und Auslieferung an Schweden oder gar an die USA.

Während der gebürtige Australier im Sommer 2010 zwei Schwedinnen sexuell missbraucht haben soll, avancierte der Computertüftler, Aktivist und Hacker etwa zur gleichen Zeit in den USA zur Hassfigur. Mit den 2010 veröffentlichten Berichten aus dem Irak-Krieg und etlichen Geheimdepeschen der USA machte sich Assange als Gesicht der Enthüllungsplattform zum meistgesuchten Mann der Welt. Führende amerikanische Politiker haben ihn als Terroristen bezeichnet und sogar seine Exekution gefordert. Mindestens mal den Prozess wegen Geheimnisverrats.

Alles Verschwörung, glaubt Assange. Schweden wolle ihn nur verhören, um ihn dann an die USA auszuliefern. Sexuelle Nötigung oder gar Vergewaltigung habe es nie gegeben.

Sein Zwangsexil nennt er "willkürliche Inhaftierung" und klagte 2014 dagegen. Gestern gab ihm die Expertengruppe des UN-Menschenrechtsrates Recht.

Andernfalls hätte er sich heute um Punkt 12 Uhr verhaften lassen, wie Assange gestern via Wikileaks twitterte.

Jetzt aber scheint eine Berufung realistisch und sein Auszug aus der Botschaft wieder einmal verschoben. Bereits im Sommer hatte der 44-Jährige angekündigt, diese "bald" zu verlassen. Der "ewig Getriebene" wird er in den Medien manchmal genannt, gehörten häufige Ortswechsel ja schon in seiner Kindheit zum Alltag: Seine Eltern hatten einen Wanderzirkus. Im 20-Quadratmeter-Exil wird er jedenfalls noch bleiben, wenn auch mittlerweile ohne Polizeiwachen vor der Tür. Die kosteten insgesamt rund 12,6 Millionen Pfund. Julia Rathcke

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort