Persönlich Jürgen Fitschen . . . ist sauer auf die Staatsanwaltschaft

Die Aussicht auf ein versöhnliches Weihnachtsfest für Jürgen Fitschen ist dahin. Eigentlich wollte das Landgericht München den Prozess gegen den Co-Chef der Deutschen Bank in diesem Jahr zu Ende bringen. Doch wegen neuer Anträge der Staatsanwaltschaft wird er sich wohl bis Karneval hinziehen. Gestern krachte es im Prozesssaal richtig. Fitschen und andere Banker müssen sich wegen versuchten Prozessbetrugs verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, dass sie einst Richter getäuscht haben, um die Bank vor Schadenersatzzahlungen an Leo Kirch zu bewahren, der die Bank für die Insolvenz seines Konzerns verantwortlich gemacht hatte. Gestern nun warf die Staatsanwaltschaft der Deutschen Bank vor, ihre Mitarbeiter mit Probe-Prozessen gezielt auf Zeugenaussagen im Prozess gegen Fitschen vorzubereiten. In "Mock Trials", wie sie aus den USA bekannt sind, werden Zeugen in simulierten Verfahren mit Darstellern trainiert. Die Bank wies das zurück und kündigte die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft auf. Richter Peter Noll warnte die Runde vergeblich: "Der Grundsatz ,Auge um Auge, Zahn um Zahn' führt zur allseitigen Erblindung."

Für Fitschen bedeutet der Prozess so oder so das traurige Ende einer steilen Karriere. Der 1948 geborene Norddeutsche hatte einst Außenhandelskaufmann gelernt und war nach dem Wirtschaftsstudium und einem Umweg über die Citibank bei der Deutschen Bank eingestiegen. Er galt als hanseatischer Kaufmann und Versteher des Mittelstandes. Als Co-Chef sollte er ab 2012 ein Gegengewicht zu Investmentbanker Anshu Jain bilden. Doch viele Prozesse gegen die Bank (Kirch, Zinsmanipulation, CO2-Streit) überschatten seine Amtszeit. Zur Hauptversammlung 2016 tritt Fitschen ab. Vorher soll das Urteil in München fallen. Fitschens Verteidiger ist überzeugt: "Das wird ein Freispruch ohne Wenn und Aber." Antje Höning

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort