Persönlich Joseph Stiglitz . . . hält den Euro für ein Auslaufmodell

Der amerikanische Ökonom Joseph Stiglitz (73) ist ein Großer seiner Branche. Der Nobelpreisträger hat Grundsätze über die Wirkung ungleicher Informationen im Marktprozess, über die Lohnfindung in unvollständigen Märkten oder die Ökonomie des technischen Fortschritts herausgefunden. Das machte ihn in einem internen Ranking zum viertwichtigsten lebenden Ökonom der Welt. Entsprechend horcht die Öffentlichkeit auf, wenn Stiglitz sich in aktuelle politische und wirtschaftliche Vorgänge einmischt.

Der Euro ist da zum Steckenpferd des streitbaren Ökonomen geworden. "Der Euro in der gegenwärtigen Form funktioniert nicht", meint der Amerikaner, der sich hier mit allen Fachkollegen einig ist. Und er wagt eine klare Prognose: Länder wie Griechenland, aber auch Italien werden auf Dauer der Eurozone nicht angehören. "In Deutschland hat man akzeptiert, dass Griechenland die Euro-Zone verlassen wird", sagte der Wissenschaftler der "Welt". Und die Italiener seien "frustriert und enttäuscht von der Währungsunion".

Doch so kritisch, wie Stiglitz den Euroraum auch sieht, seine Therapievorschläge dürften den ausgabewilligen Staaten im Süden Europas entgegenkommen. Denn der Amerikaner setzt auf Wachstum, das er mit einer abgestimmten Nachfragesteuerung erreichen will. Er packt also die alten keynesianischen Modelle aus, während gerade die Europäische Zentralbank vergeblich versucht, mit gigantischen Ankaufprogrammen für Staatspapiere die Wirtschaft in Europa wieder anzukurbeln. Er bleibt sogar hinter seinen eigenen Erkenntnissen zurück. Denn nur wenn die Akteure sich auf einen sachorientierten Kurs verständigen, klappen die von ihm vorgeschlagenen Interventionen. Davon sind aber die südlichen Länder weit entfernt. So könnte Stiglitz mit seinen Prognosen Recht behalten, gerade weil seine Therapien nicht greifen.

(RP)
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