Rom Italien beschließt Marine-Einsatz vor Libyen

Rom · Rom erhofft sich von der Mission eine Wende. Das Schiff einer deutschen Hilfsorganisation wird konfisziert.

Eine knappe Mehrheit der italienischen Abgeordneten hat für den Militäreinsatz vor der libyschen Küste zur Bekämpfung des Menschenschmuggels gestimmt. 328 von 630 Abgeordneten sprachen sich für die Mission aus, die die Regierung in Rom auf Anfrage der libyschen Regierung von Fajis al Sarradsch vergangene Woche beschlossen hatte. Italienische Soldaten sollen die Küstenwache des Bürgerkriegslandes auch innerhalb der Hoheitsgewässer technisch und logistisch unterstützen. Auch der Senat gab grünes Licht.

Verteidigungsministerin Roberta Pinotti betonte vor den Debatten in den beiden Kammern, der Einsatz erfolge "in engster Abstimmung" mit libyschen Behörden. Eine Seeblockade sei ausgeschlossen. Konkret gehe es um gemeinsame Patrouillenfahrten und die Modernisierung der libyschen Flotte. Die EU als Ganzes hat dagegen weiter keine Erlaubnis, auch in den libyschen Küstengewässern zu operieren. Die Anfrage der libyschen Regierung an Italien war bilateral erfolgt.

Schiffe der Bundeswehr und anderer europäischer Streitkräfte sind bereits seit 2015 im zentralen Mittelmeer im Einsatz. Weil sie bislang nicht in den Küstengewässern des Bürgerkriegslandes operieren dürfen, konnten dabei aber kaum Erfolge erzielt werden.

Wohl auch deshalb bezeichnet der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni den Einsatz seines Landes als möglichen Wendepunkt der Flüchtlingskrise. Italien erhofft sich davon eine Stabilisierung des vom Krieg zerrütteten Staates und eine bessere Kontrolle der Flüchtlingsströme. In Libyen kämpfen derzeit drei Regierungen um die Macht. Von dort wagen die meisten Migranten die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer nach Europa.

Im Juli allerdings sank die Zahl der Flüchtlinge überraschend gegenüber dem Vorjahresmonat. Im vergangenen Monat wurden etwa 11.000 Ankömmlinge verzeichnet, wie das Innenministerium in Rom mitteilte. Im Juli 2016 waren es noch rund 23.500. Seit Jahresbeginn kamen demnach rund 95.000 Migranten in Italien an. Im Vorjahreszeitraum waren es knapp 98.000. Das italienische Innenministerium erklärte den Rückgang damit, dass es der libyschen Küstenwache besser gelinge, Migranten abzufangen.

Die italienischen Behörden beschlagnahmten gestern ein Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation "Jugend rettet" im Hafen von Lampedusa. Nach Angaben des italienischen Rundfunks verfügte die Staatsanwaltschaft dies als präventive Maßnahme. Die Besatzung der "Iuventa" steht demnach im Verdacht der Begünstigung illegaler Einwanderung. Vor zwei Tagen hatte sich das Hilfswerk geweigert, einen Verhaltenskodex Italiens für Flüchtlingsretter zu unterzeichnen.

(RP)
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