Reykjavik Islands Regierung stürzt über die "Panama Papers"

Reykjavik · Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson soll sein Volk an der Nase herumgeführt haben. Die Inselbewohner kochen vor Wut.

Es waren die größten Proteste in der Geschichte Islands, da ist sich die Polizei sicher. Mehr als 12.000 der 330.000 Einwohner hatten sich Montagabend vor dem Parlament in Reykjavik versammelt, Bananen und Eier geworfen. Sie kochten vor Wut auf ihren Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson, der gestern sein Amt niederlegte. Sein Name war in den "Panama Papers" aufgetaucht.

Am Sonntagabend konnten die Isländer ihren Staatschef im Fernsehen dabei beobachten, wie er aus einem Interview stürmt und den Reporter anfaucht. Das war eine dumme Reaktion, gibt Gunnlaugsson hinterher zu. Es ist eine aufgezeichnete Sendung vom März, es geht um die Enthüllungen über Steueroasen in den "Panama Papers". Der Journalist hat Gunnlaugsson auf eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln angesprochen, die dessen Frau gehört - und einst auch ihm gehört haben soll. Seit der Ausstrahlung kennt der Zorn der Isländer keine Grenzen mehr.

Selbst nach dem Bankenkollaps 2008 gingen auf der Vulkaninsel im Nordatlantik nicht so viele Menschen auf die Straße. Schon damals machten die Isländer mit ihrem trotzigen Zorn auf sich aufmerksam. Die Republik stand wegen der wahnwitzigen Kreditabenteuer der drei größten isländischen Banken mit einem gigantischen Schuldenberg da. Doch die Wikingernachfahren wehrten sich in zwei Referenden dagegen, die Banken gesund zu sparen und mit ihren Steuergeldern für die Schulden der Internetbank Icesave im Ausland geradezustehen.

2013 wählten die Isländer Gunnlaugsson, den jungen Mann aus wohlhabendem Elternhaus, als Kämpfer gegen soziale Ungerechtigkeit ins Amt - wohl vor allem, weil sie unzufrieden mit der Verteilung der Krisenlasten waren. Damals war der Liberale mit 38 Jahren ein politischer Jungspund, der Island in die Zukunft führen sollte. Jetzt fühlen sich die Isländer von ihm betrogen.

Schon nach der Aufzeichnung der Sendung im März hätte Gunnlaugsson ahnen können, dass die Ausstrahlung in einer Katastrophe enden würde. Da nutzte es auch nichts, dass seine Frau in einem Facebook-Eintrag die Offshore-Firma Wintris erstmals erwähnt, die sie 2007 zunächst gemeinsam besessen haben sollen, bevor er ihr seine 50 Prozent der Anteile 2009 für einen Dollar übertragen haben soll. Wütend macht die Inselbewohner nicht nur, dass ihr Regierungschef und seine Frau Millionen in einer Offshore-Firma versteckt haben könnten. Sie sind auch sauer darüber, dass Wintris laut "Süddeutscher Zeitung" auf der Gläubigerliste der Krisenbanken stehen soll.

Auch der britische Premier David Cameron gerät in Erklärungsnot: Der Name seines 2010 verstorbenen Vaters taucht in den "Panama-Papieren" auf. Er erscheint dort als Vorstand eines Investmentfonds mit Sitz auf den Bahamas. Cameron dementierte Beteiligungen seiner Familie an Offshorekonten.

(dpa)
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