Düsseldorf IS-Terrorzelle komplett zerschlagen

Düsseldorf · Eine Gruppe von zehn Mitgliedern der Terrormiliz IS sollte den verheerenden Anschlag in Düsseldorf vorbereiten. Doch nur vier kamen zusammen. Jetzt sitzen alle in Untersuchungshaft.

Die Terrorzelle, die in der Düsseldorfer Altstadt einen Anschlag verüben wollte, wurde offenbar komplett ausgehoben. Das erfuhr unsere Redaktion aus Ermittlerkreisen. "Wir gehen davon aus, dass wir alle haben, die zu dieser Zelle gehören", sagte ein Insider. Der mutmaßliche Drahtzieher Saleh A., der sich im Februar den Behörden in Paris gestellt hatte, habe ausgesagt, er solle eine zehnköpfige Zelle aufbauen. "Aber soweit wir wissen, sind es nur vier geworden", ergänzte der Insider.

Am Donnerstag hatten Spezialkräfte die drei mutmaßlichen Komplizen in NRW, Baden-Württemberg und Brandenburg festgenommen. Der Zugriff erfolgte nach "Spiegel"-Recherchen, weil einer der Verdächtigen nach Südeuropa reisen wollte. Die Sicherheitsbehörden fürchteten, er könne aus dem Visier der Ermittler geraten oder weitere Kämpfer nach Deutschland holen. Die drei Männer im Alter zwischen 25 und 31 Jahren kamen in Untersuchungshaft, verweigerten bisher aber die Aussage. Alle vier Verdächtigen sollen über die Balkanroute nach Deutschland gekommen sein. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sagte unserer Redaktion, er zähle aktuell "etwas mehr als zehn" Terroristen und Gefährder, die auf diesem Weg ins Land gelangt seien.

Saleh A., der bis vor vier Monaten in einer Flüchtlingsunterkunft in Kaarst lebte, galt dort als fußballbegeisterter, umgänglicher Mann, der oft nach Düsseldorf und Mönchengladbach fuhr. Zweimal rückte nach Recherchen unserer Redaktion jedoch die Polizei an, um sein Zimmer zu durchsuchen und persönliche Gegenstände des 28-Jährigen mitzunehmen. Saleh A. erklärte laut einem Bericht der französischen Zeitung "Le Monde" gegenüber den Pariser Behörden, er stelle sich, weil er "müde" sei. Die "Süddeutsche Zeitung" schrieb, den Syrer habe die Reue gepackt. Er wolle nicht, dass seine Tochter einen Terroristen zum Vater habe. Deutschland bemüht sich um seine Auslieferung.

Sein Komplize Abd Arahman A. K. wurde im baden-württembergischen Leimen festgenommen. Mahood B. wurde nach Angaben eines Stadtsprechers von einer SEK-Einheit in der Innenstadt von Mülheim/Ruhr gefasst. Bereits am Donnerstag war bestätigt worden, dass Hamza C. in einem Asylbewerberheim im brandenburgischen Bliesdorf festgenommen wurde.

Nach Informationen aus Sicherheitskreisen gingen bei den Ermittlungsbehörden bis zum vorigen Monat 373 Einzelhinweise auf mögliche Dschihadisten unter den Flüchtlingen ein. In den meisten Fällen bestätigte sich der Terrorismusverdacht nicht. Vor dem Hintergrund, dass immer wieder Täter auftauchen, die nicht direkt in einer Terror-Organisation vernetzt sind, forderte der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Ansgar Heveling (CDU), das Strafrecht im Hinblick auf Terrorbekämpfung zu überprüfen. "Ermittlungsbehörden brauchen die nötigen Instrumente, um gegen alle Formen des Terrorismus vorgehen zu können", sagte Heveling. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) mahnte hingegen, Flüchtlinge nicht unter Generalverdacht zu stellen. Man werde darüber nachdenken, ob das Sicherheitskonzept bei größeren Veranstaltungen angepasst werden müsse. Das NRW-Innenministerium sieht sich durch das Verhalten von Saleh A. bestärkt, das Aussteigerprogramm für Islamisten auszubauen.

Der Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, verwies auf bessere Kontrollen: "Wir registrieren seit Anfang des Jahres jeden Geflüchteten in einem einheitlichen System und stellen die Ankunftsnachweise aus", sagte er unserer Redaktion. "Das ermöglicht es uns, bislang unerkannte doppelte und dreifache Registrierungen in den Bundesländern auszuschließen."

(RP)
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