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Amatrice "Ich bin's, Matteo"

Amatrice · Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi nutzt die politischen Chancen des schweren Erdbebens.

Matteo Renzi gibt in diesen Tagen den Krisenmanager. Der italienische Ministerpräsident und Chef der italienischen Sozialdemokraten ist bekannt für seine burschikose Art. Jetzt, nach dem schweren Erdbeben in Mittelitalien mit bislang 291 Toten, wirkt der 41-Jährige wie in seinem Element. Er trifft den richtigen Ton, ruft die Bürgermeister der zerstörten Bergdörfer an und meldet sich bei ihnen mit "Ich bin's, Matteo", so ein Bürgermeister.

Renzi versprach Wiederaufbau, Prävention, aber er sagte auch, dass zuerst die Tränen getrocknet werden müssten. Man muss Renzis Aufrichtigkeit nicht anzweifeln. Doch Politiker sind auch Verkäufer von Gefühlen und Stimmungen. Italien, vor allem die vom Erdbeben betroffenen Regionen Latium und Marken, sehnt sich nach Garantien. Renzi bedient diese Sehnsucht und könnte vom Ausnahmezustand profitieren. "Leadership in Gummistiefeln" wurde Bundeskanzler Gerhard Schröder attestiert, als er nach der Oderflut im Jahr 2003 Tatkraft vermittelte und so die verloren geglaubte Bundestagswahl knapp gewann. Alles deutet darauf hin, dass auch Renzi die politische Chance eines tragischen Moments erfasst hat.

In gut zwei Monaten steht mit einem Verfassungs-Referendum der bislang kritischste Moment in der Karriere des Ministerpräsidenten bevor. Jahrzehntelang ächzte Italien unter der Ineffizienz seiner politischen Mechanismen und unter instabilen Verhältnissen. Die mehrfach von beiden Parlamentskammern gebilligte Umwandlung des Senats in eine zweitrangige Kammer soll stabile Verhältnisse bringen. Kritiker bemängeln, Regierung und Premierminister verfügten künftig über eine gefährliche Machtfülle. Der Widerstand gegen die Verfassungsreform wirkte zunächst überschaubar, Renzi zettelte die Volksabstimmung zur nachträglichen Legitimation seiner Reform selbst an. Inzwischen ist der Protest gegen seine Politik nicht zuletzt wegen der anhaltenden Wirtschaftsflaute so groß geworden, dass das Ergebnis der Volksabstimmung nicht mehr eindeutig ist. Renzi hatte den Ausgang des Referendums außerdem mit seiner eigenen politischen Zukunft verknüpft. Dass er anschließend darauf bestand, dass es sich bei der Verfassungsreform allein um eine Sachentscheidung handele, die nichts mit ihm persönlich zu tun habe, nehmen ihm nur noch wenige ab.

Beobachter fürchteten eine erneute EU-Krise nach einer möglichen Referendums-Niederlage Renzis, einer Regierungskrise in Rom und einem daraus resultierenden Vertrauensverlust der Märkte. Nach dem Erdbeben sind die politischen Karten in Rom neu gemischt. Renzi steht in der öffentlichen Meinung nun als zuverlässiger und tatkräftiger Krisenmanager da. Die Versprechungen kosten ihn bislang nichts, ihre Einlösung wird erst in Monaten oder Jahren zu überprüfen sein. Dann ist das Verfassungsreferendum schon lange passé. Am Ende könnte eine heute zynisch anmutende Hypothese Wirklichkeit werden: Weil in Italien die Erde bebte, spart sich Europa die nächste Krise.

(RP)
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