Berlin Hartz-IV-Sanktionen oft zu Unrecht

Berlin · Knapp 40 Prozent der Klagen von Betroffenen sind erfolgreich.

Mehr als jeder dritte Hartz-IV-Empfänger, der gegen vom Jobcenter verhängte Sanktionen Widerspruch einlegt oder dagegen klagt, erhält Recht. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, wurde im vergangenen Jahr in rund 18.600 von 51.000 Fällen eingelegten Widersprüchen ganz oder teilweise stattgegeben. Bei den 5867 Fällen, die 2015 vor Gericht landeten, waren die Betroffenen in 2325 Fällen erfolgreich.

Linken-Chefin Katja Kipping sieht diese Zahlen als Bestätigung für die Forderung ihrer Partei, Sanktionen und Leistungsversagung für Hartz-IV-Empfänger abzuschaffen: "Die hohe Anzahl der teilweise und gänzlich erfolgreichen Widersprüche von über 36 Prozent und erfolgreichen Klagen gegen Sanktionen von fast 40 Prozent zeigt, dass die Sanktionspraxis in hohem Maße rechtswidrig ist", sagte Kipping unserer Redaktion.

Die Möglichkeit von Sanktionen ist vor mehr als zehn Jahren zusammen mit der Hartz-IV-Reform eingeführt worden. Dahinter steht das Prinzip des "Förderns und Forderns". Das heißt, die Langzeitarbeitslosen erhalten Qualifizierungs- und Hilfsangebote und sind zugleich verpflichtet, daran mitzuarbeiten, dass sie wieder eine bezahlte Arbeitsstelle finden. Wenn Hartz-IV-Empfänger sich nicht kooperativ zeigen, Termine verstreichen lassen, angebotene Jobs oder Ausbildungen nicht antreten oder abbrechen, können die Jobcenter Sanktionen verhängen. In den vergangenen Jahren lag die Zahl der Sanktionen bei rund einer Million pro Jahr.

Die Behörden haben daneben auch die Möglichkeit, Langzeitarbeitslosen Leistungen zu versagen. Dies geschieht dann, wenn die Betroffenen nicht ausreichend dabei mitwirken, ihre Bedürftigkeit nachzuweisen. Gegen solche Fälle gab es im vergangenen Jahr rund 14.000 Widersprüche und knapp 1200 Klagen. Bei den Widersprüchen waren knapp die Hälfte erfolgreich; bei den Klagen etwa ein Drittel. Bundesweit beschäftigt die Arbeitsagentur 2327 Mitarbeiter, die speziell darauf achten, dass es bei den mehr als sechs Millionen Menschen in Hartz-IV-Bezug keinen Leistungsmissbrauch gibt.

(qua)
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