Persönlich Gültan Kisanak . . . spürt den Zorn Erdogans

Die Festnahme der prominenten Kurdenpolitikerin Gültan Kisanak hat heftige Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei in der südosttürkischen Metropole Diyarbakir ausgelöst. Als die Oberbürgermeisterin der Kurdenhochburg nach einer parlamentarischen Anhörung aus Ankara zurückkehrte, wurde sie schon am Flughafen von der Polizei erwartet. Sie gehört der Partei DBP an, einem lokalen Arm der Kurdenpartei HDP. Kisanak wird, ebenso wie einem festgenommenen Amtskollegen, die Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorgeworfen.

Gültan Kisanak ist eine Symbolfigur der linken Kurdenbewegung in der Türkei. Sie wurde bei den Regionalwahlen 2014 mit 55,1 Prozent der Stimmen als erste Frau zur Bürgermeisterin von Diyarbakir gewählt. Die 55-jährige Alevitin und Mutter einer erwachsenen Tochter ist eine erfahrene Politikerin, die nicht zum ersten Mal im Gefängnis landet. Nach dem Militärputsch von 1980 wurde sie im Alter von 19 Jahren verhaftet und insgesamt viereinhalb Jahre im berüchtigten Militärgefängnis von Diyarbakir eingesperrt, wo sie gefoltert und sexuell missbraucht wurde. "Der Missbrauch hatte barbarische Dimensionen", sagte sie in einem Interview 2014. Sie erzählte, dass sie monatelang in eine Hundehütte gesperrt wurde, weil sie sich geweigert hatte zu sagen, dass sie eine Türkin und keine Kurdin sei. Als Bürgermeisterin ließ sie das Gefängnis zum Museum umbauen.

Jüngst hatte Kisanak vor der Untersuchungskommission des Parlaments zum gescheiterten Militärputsch ausgesagt und dort der AKP vorgeworfen, die islamische Gülen-Bewegung, die diese für den Staatsstreich verantwortlich macht, durch ihre Protektion erst habe wachsen lassen. Die Reaktion Ankaras erfolgte prompt. Zur Seite sprang ihr derweil die EU-Außenkommissarin Federica Mogherini, die von "sehr besorgniserregenden Berichten" sprach.

Frank Nordhausen

(RP)
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