Krisenfinale Euro-Staaten planen Griechen-Gipfel

Berlin · Bis Ende der Woche wollen die Euro-Staaten mit Griechenland einen belastbaren Finanzplan erarbeiten. Sollte das nicht funktionieren, behalten sich die Staatschefs für Freitag einen Sondergipfel vor.

Griechenland: Euro-Staaten planen Griechen-Gipfel
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Für eine Einigung im griechischen Schuldenstreit bleibt nur noch wenige Tage Zeit. Die Verhandlungen zwischen Athen und EU-Vertretern über die Bedingungen für neue Hilfskredite waren am Sonntag vorerst gescheitert. Für den Fall, dass Athen jetzt nicht bis Donnerstag bei der Sitzung der Euro-Finanzminister einlenkt, bereiten die Euro-Partner einen Notfallplan vor. Das berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Demnach sollen die Staats- und Regierungschefs auf einem Sondergipfel einen letzten Versuch der Einigung unternehmen.

Im Gespräch dafür sei der Freitagabend, heiße es in Berlin und Brüssel. Verstreicht auch dieser Termin, sollen die Banken in Griechenland für einige Tage geschlossen bleiben. Danach sollen Kapitalverkehrskontrollen verhindern, dass weiteres Geld abfließt. Athen müsste die Einschränkungen allerdings per Gesetz erlassen. Die Blaupause für dieses Vorgehen lieferte Zypern im Jahr 2013. Während der kurzen Zeit des eingeschränkten Kapitalverkehrs konnten sich die EU und Zypern damals auf ein Reformprogramm für das Bankensystem einigen.

EU-Kommissar Günther Oettinger erklärte am Montag, für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen brauche die EU einen "Notfallplan", um die schlimmsten humanitären Folgewirkungen in Griechenland zu lindern, etwa bei Gesundheit und Energieversorgung. Die griechische Regierung dementierte, dass an einem Notfallplan gearbeitet werde. Auch in Berlin sagte ein Regierungssprecher: "Ich kann das nicht bestätigen."

 Finanzminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel sind in der Euro-Politik nicht auf einer Linie.

Finanzminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel sind in der Euro-Politik nicht auf einer Linie.

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Die Regierungen versuchen mit diesen Dementis, Aufregung in Griechenland und an den Finanzmärkten zu verhindern. Die Euro-Staaten und die Europäische Zentralbank (EZB) handelten aber ebenso fahrlässig, wenn sie sich nicht jetzt auf den Ernstfall einer Staatspleite mit anschließendem Euro-Austritt vorbereiten würden.

Unterdessen führt das griechische Schuldendrama innerhalb der großen Koalition und auch in der Bundesregierung selbst zunehmend zu gefährlichen Spannungen. Während Regierungskreise gestern versuchten, Differenzen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) über den richtigen Kurs bei der Griechenland-Rettung herunterzuspielen, berichtete der Koalitionspartner SPD offen davon: "Herr Schäuble hat in den letzten Monaten mit seinen Äußerungen Zweifel gesät, ob er die Zukunft Griechenlands noch im Euro sieht", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Carsten Schneider. "Insofern stellt sich schon die Frage, ob die beiden wichtigsten Personen in der Union an einem Strang in die gleiche Richtung ziehen."

Vor allem in der Union wächst die Zahl derer, die Griechenland nicht mehr entgegenkommen wollen. Schäuble hatte dem Rechnung getragen, indem er den griechischen Euro-Austritt nicht mehr völlig ausgeschlossen hatte. Merkel dagegen will ihn verhindern. Sie hatte Schäuble an wichtigen Gesprächen - etwa beim Spitzengespräch mit den Chefs des Internationalen Währungsfonds, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank am 1. Juni in Berlin - nicht mehr beteiligt.

"Die Bundeskanzlerin hat den Entscheidungsprozess auf die Ebene der Staats- und Regierungschefs geholt, weil sie Griechenland im Euro halten will. Ich denke deshalb, dass es auch nur auf dieser Ebene eine Einigung geben wird und nicht bei den Finanzministern in der Eurogruppe", sagte Schneider. Schäuble soll Athen den Euro-Austritt nahegelegt haben, was sein Sprecher gestern dementierte.

Doch auch zwischen den Koalitionsfraktionen wachsen die Differenzen. SPD-Politiker fragen offen, ob die Kanzlerin "ihren Laden" noch im Griff habe. In der Union wird im Bundestag mit mehr Nein-Stimmen gerechnet als bei der letzten Griechenland-Entscheidung. Ende Februar gab es 29 Abweichler.

Auch innerhalb der SPD wachsen nun die Bedenken gegenüber neuen Hilfen. "Die Stimmung bei uns ist ambivalent: Es gibt viele, die sagen, wir haben eine hohe Verantwortung für Europa, und andere, denen die Geduld mit Griechenland ausgeht", sagte SPD-Finanzsprecher Lothar Binding. "Einige formulieren: Lieber ein Ende mit Schrecken als einen Schrecken ohne Ende." SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte zuvor erklärt: "Immer mehr fühlen sich von der griechischen Regierung an der Nase herumgeführt."

(mar)
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