Schengen-Raum Unionspolitiker fordern längere Grenzkontrollen

Berlin/Brüssel · Die EU-Kommission hat die Kontrollen an der Grenze zu Österreich ein letztes Mal für sechs Monate erlaubt. Danach sollen sie entfallen. Das halten führende CDU-Politiker für unrealistisch.

 Ein Polizist beobachtet an der A8 bei Bad Reichenhall Autos, die von Österreich nach Deutschland kommen (Archivbild).

Ein Polizist beobachtet an der A8 bei Bad Reichenhall Autos, die von Österreich nach Deutschland kommen (Archivbild).

Foto: dpa

Bundesregierung und EU-Kommission steuern auf einen Streit über die Aufhebung der Grenzkontrollen zu. Brüssel hat die Kontrollen letztmals für weitere sechs Monate erlaubt, forderte Deutschland, Österreich und drei weitere Schengen-Länder jedoch gleichzeitig auf, die Kontrollen schrittweise zu beenden. Deutschland wies die Forderung zurück. Ob in sechs Monaten ein Verzicht auf Grenzkontrollen verantwortbar sei, "das lässt sich heute wirklich nicht belastbar sagen", sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch. Die Wiederherstellung des Schengen-Raums hänge von der Sicherung der EU-Außengrenzen ab. Man sei überzeugt, dass "ein Verzicht auf die derzeit durchgeführten Grenzkontrollen nicht infrage kommt", sagte der Sprecher.

Führende Unionspolitiker gingen noch weiter. "Auf Binnengrenzkontrollen können wir erst verzichten, wenn die EU-Außengrenzen gesichert sind und das Dublin-Verfahren für Flüchtlinge wieder funktioniert", sagte Günter Krings (CDU), Staatssekretär im Bundesinnenministerium. "Stand heute können wir kein Enddatum für die Grenzkontrollen nennen", erklärte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach.

Deutschland hatte die Kontrollen durch die Bundespolizei an der Grenze zu Österreich nach Beginn der Flüchtlingskrise im September 2015 eingeführt. Nach den Regeln des von 26 europäischen Ländern gebildeten Schengen-Raums sollten sie eigentlich der Vergangenheit angehören. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos sagte dazu: "Die Zeit ist gekommen, schrittweise zu einem voll funktionsfähigen Schengen-Raum zurückzukehren."

Er glaube nicht, dass innerhalb von nur sechs Monaten die Sicherung der EU-Außengrenzen funktionieren werde, sagte dagegen CDU-Politiker Krings. Für eine weitere Verlängerung der Grenzkontrollen ab November gebe es "noch andere Möglichkeiten auch im Schengen-Recht, etwa zum Schutz der nationalen Sicherheit". Ein Argument dafür wäre etwa der Hinweis auf Terrorismusabwehr. Auch Bosbach, Innenexperte im Team des CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet für die NRW-Wahl, sieht die EU weit von einer Migrationssteuerung entfernt. "Die EU-Außengrenzen waren für irreguläre Migration nie durchlässiger als heute. Der Zuwanderungsdruck in die EU hält unvermindert an", sagte er.

Italien sei zur Achillesferse der EU geworden, sagte der Chef des Bundestagsinnenausschusses, Ansgar Heveling (CDU). "Dort ist nicht absehbar, dass weniger Migranten in die EU kommen. Eher ist damit zu rechnen, dass die Zahl der Flüchtlinge auf der Mittelmeerroute im Sommer noch stärker zunehmen wird", sagte Heveling. "Wir brauchen die Option, die Grenzkontrollen auch über das Jahresende hinaus aufrechtzuerhalten." EU-Angaben zufolge ist die Zahl irregulärer Migranten in Griechenland seit dem EU-Türkei-Abkommen um 97 Prozent gesunken. Zugleich wuchs aber seit Jahresbeginn die Zahl der in Italien ankommenden Migranten um 45 Prozent auf knapp 40.000.

Auch die SPD befürwortete die Fortsetzung der Grenzkontrollen, plädierte jedoch für deren Ende im November. Es sei zwar "völlig richtig, dass wir weiter befristet Kontrollen an den Grenzen in Bayern und Baden-Württemberg durchführen", sagte SPD-Fraktionsvize Eva Högl. "Die EU-Kommission weist aber zu Recht darauf hin, dass dies nur eine befristete Maßnahme sein kann." Auch die Grünen sind für die schrittweise Aufhebung der Kontrollen. "Die illegalen Grenzüberschritte seit 2015 sind deutlich zurückgegangen. Eine schrittweise Aufhebung der Grenzkontrollen, wie sie die EU-Kommission vorschlägt, ist daher gut begründet und sinnvoll", sagte Grünen-Politiker Konstantin von Notz.

(mar)
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