Cleveland "Glückwunsch Dad, wir lieben dich!"

Cleveland · Donald Trump junior verkündet in Cleveland die Nominierung seines Vaters als Präsidentschaftskandidat - in dessen Abwesenheit.

Kendal Unruh steht neben einem blauen Pappschild mit dem Namenszug Colorado und spricht von ihrem Frust. "Wir sind doch keine Statisten", schimpft sie. "Wir sind doch nicht hier, um eine nette Kulisse zu bilden für die Krönungsfeier eines Königs."

Mit dem Monarchen ist Donald Trump gemeint, und in der riesigen Arena, an deren Rand Unruh zu einem kleinen Reporterpulk spricht, ist alles bereit für die Jubelfeier. Unterm Hallendach bilden Tausende Luftballons einen gewaltigen Klumpen, rote, blaue und weiße Ballons. Heute werden sie auf den Parteitag herabregnen, wenn Trump seine erste Rede als offizieller Kandidat der Republikaner fürs Weiße Haus hält. Nur ganz hinten in der Arena, in der sonst die Cleveland Cardinals Basketball spielen, ist es still. Dort sitzt die Abordnung aus Colorado, angeführt von Kendal Unruh. Die Lehrerin ist so etwas wie das Gesicht einer verzweifelten Revolte, mit der Trump noch auf der Ziellinie gestoppt werden sollte. Unruh wollte erreichen, dass die Delegierten allein nach ihrem Gewissen abstimmen, also nicht gebunden sind an das Votum der Vorwahlen, deren Marathon mit einem klaren Sieg für Trump endete. Diese Schlacht hat sie verloren, in der Nacht zu gestern endet es mit einem Sturm im Wasserglas. Zwei Delegierte aus Colorado, die nach den Regeln der Primaries eigentlich Trump hätten absegnen müssen, enthalten sich ihrer Stimme. Dabei bleibt es, kaum jemand im Saal schließt sich den beiden an. In dem Moment wirkt Kendal Unruh wie ein Solitär des Widerstands, bewundernswert tapfer, aber chancenlos.

Als dann im Alphabet der US-Staaten der Buchstabe N erreicht ist und Donald Trump junior im Namen der New Yorker Abgesandten verkündet, dass sich New York mit großer Mehrheit hinter Donald Trump senior stellt, ist die Partystimmung perfekt. Damit ist die magische Marke erreicht, die absolute Mehrheit von 1237 Stimmen. Aus den Lautsprechern schallt Frank Sinatra, "New York, New York". Was sonst? Auf einem Videowürfel wird ein elektronisches Scheinfeuerwerk gezündet. "Glückwunsch Dad, wir lieben dich", ruft der Spross des Tycoons. Später darf Trump junior, ein 38 Jahre alter Unternehmer mit sonnengebräuntem Teint und viel Gel im Haar, noch eine Rede zur besten Sendezeit halten. "Wir haben nicht von Leuten mit Managerstudium gelernt. Wir haben von Leuten mit Doktortiteln in gesundem Menschenverstand gelernt", blendet er zurück auf seine Jugend. Deshalb seien Trumps Kinder die einzigen Milliardärskinder, die sich auf einer Planierraupe genauso wohl fühlten wie in ihren Limousinen. Donald Trump, der Held der Arbeiterklasse. Soweit die Fassade.

Jenseits der großen Show sind andere Töne zu hören, schnell wird klar, wie sehr viele Republikaner noch immer fremdeln mit einem Mann, dessen Bewerbung ums Oval Office noch vor einem Jahr wie ein Witz wirkte. "Er ist nun mal unser Kandidat", sagt Sheila Faske, eine füllige Texanerin von der Golfküste. "Und verglichen mit Hillary Clinton ist er das kleinere Übel."

(RP)
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