Persönlich Georg Ratzinger . . . bereut und entschuldigt sich

Das Wichtigste sind und bleiben die Opfer: die 547 Regensburger Chorsänger, die körperliche und sexuelle Gewalt erleiden mussten. Dann gibt es die Täter. Und schließlich die, die wegschauten oder in den Übergriffen vielleicht nur unschöne Erziehungsmethoden sahen, gegen die einzuschreiten es jedenfalls keinen Anlass zu geben schien. So kommt man in dieser katastrophalen Geschichte auch zu Georg Ratzinger. Von 1964 bis 1994 war der Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI. Domkapellmeister und somit Chef der Regensburger Domspatzen. Drei Jahrzehnte, in denen sich unglaubliches Leid für so viele junge Menschen abspielte. Es ist schwer zu glauben, dass Georg Ratzinger von all dem kaum etwas gewusst haben soll. Auch der gestern veröffentlichte Abschlussbericht hält fest, dass er mitschuldig gewesen sei - durch sein Wegschauen und sein fehlendes Handeln. Das ist mehr als bloß eine Pflichtverletzung. Weil erst die Passivität die Taten über einen so großen Zeitraum möglich werden ließ. Ähnliche Vorwürfe gelten auch dem früheren Regensburger Bischof, Gerhard Ludwig Kardinal Müller.

So wichtig es aber ist, diese Mitschuld zu benennen, so schwierig ist es, den 93-Jährigen zur Rechenschaft zu ziehen. Diese wird er - so unbefriedigend dies für die Opfer sein mag - sich selbst geben müssen. Für sein Handeln und seine Haltung. Noch 1998 hat er in einer Festschrift Georg Meier gewürdigt, den Gründungsdirektor der Domspatzen-Schule, dessen "Erziehungsstil in der modernen Zeit nicht mehr verstanden wurde", so Georg Ratzinger, der auch einräumte, früher gelegentlich selbst Ohrfeigen ausgeteilt zu haben. Georg Ratzinger hat sein Handeln inzwischen bereut und sich auch entschuldigt. Das kann helfen. Den so wichtigen seelischen Frieden aber müssen die Opfer selbst finden. Dann auch mit jenen, die wegschauten, als jungen Menschen ihre Würde geraubt wurde. Lothar Schröder

(RP)
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