Paris Frankreichs Hoffnungsträger

Paris · Der beliebte junge Wirtschaftsminister Emmanuel Macron sprengt das klassische Links-rechts-Schema.

 Wirtschaftsminister Emmanuel Macron

Wirtschaftsminister Emmanuel Macron

Foto: afp, eps/AG

Die Studenten applaudieren, als Emmanuel Macron den Hörsaal der Ingenieurschule Télécom Paris Tech betritt. Es ist ein Auftritt ganz nach dem Geschmack des französischen Wirtschaftsministers, denn vor den jungen Leuten hinter ihren Macbooks kann er seine Vision der Zukunft entwickeln. "Wir müssen eine offene Gesellschaft und Wirtschaft aufbauen", fordert der 38-jährige einstige Banker, der sich zwar zu den Sozialisten bekennt, aber seit 2009 kein Parteimitglied mehr ist. "Die Kräfte, die sich dem Wandel widersetzen, sind noch immer ziemlich stark", kritisiert er.

Wenn einer in der Regierung ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen noch den Wandel verkörpert, dann Macron. "En marche!" ("Aufbruch") heißt die Bewegung, die er vor zwei Wochen gründete. Weder rechts noch links sei sie, versichert der studierte Philosoph, der damit vorerst keine Präsidentschaftskandidatur verknüpfen will. Den Pariser Studenten verrät der smarte Minister sein Erfolgsgeheimnis: "Geht Risiken ein, auch wenn damit ein Scheitern verbunden sein könnte."

Für Macron, der so fließend Englisch spricht wie kaum ein französischer Politiker, wäre auch eine Präsidentschaftskandidatur 2017 kein Risiko. Finanziell ist er seit seinen Jahren bei der Investmentbank Rothschild unabhängig. Der Politik wollte er eigentlich nach seiner Zeit als Wirtschaftsberater von Präsident François Hollande 2014 erst einmal den Rücken kehren.

Von Lehraufträgen in den USA und der Gründung eines Start-ups war die Rede, als plötzlich ein Nachfolger für Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg gesucht wurde. Macron, der sich nie einer Wahl stellte, nahm den Job an und boxte 2015 ein Gesetz zur Ankurbelung der Wirtschaft durch. Rund 200 Stunden warb der Minister in der Nationalversammlung für den Text, der dann doch ohne Votum am Parlament vorbei verabschiedet wurde, da die sozialistische Parteilinke mit ihrem Veto gedroht hatte.

Dass er seinen Anteil an der Krise hat, in der Frankreich gerade steckt, räumt Macron offen ein. "Wir hätten am Anfang schneller reagieren müssen", sagte er im Januar der Zeitung "Le Monde". Man müsse die Wirtschaft öffnen und mehr soziale Mobilität ermöglichen, forderte er im selben Interview. Als überzeugter Wirtschaftsliberaler ist er der Meinung, dass sich die verkrustete Gesellschaft auf diesem Weg wandeln kann.

Auch deshalb empfing er im Februar rund 1000 Jugendliche aus Problem-Vorstädten, die er mit Unternehmen in Kontakt brachte. "Wir brauchen junge Franzosen, die Lust haben, Milliardäre zu werden", so ein viel kritisierter Satz des Jungstars, der regelmäßig den linken Flügel der Sozialisten gegen sich aufbringt.

Auch nach den Anschlägen im November in Paris nahm Macron kein Blatt vor den Mund. Die Gesellschaft habe mit ihren krassen sozialen Unterschieden einen Nährboden für den Terrorismus geschaffen und trage somit einen Teil der Verantwortung - aus dem Mund des Arztsohnes mit Abschlüssen der Elitehochschulen Sciences Po und Ena klingt das ungewöhnlich.

Doch der Minister passt in kein Raster. Das zeigt sein Ausbruch mit 17 Jahren aus der kleinbürgerlichen Welt der nordfranzösischen Provinzstadt Amiens nach Paris. Der Grund? Nicht etwa schlechte Noten in der Schule. Der hochbegabte Schüler hatte sich in seine 20 Jahre ältere Französischlehrerin verliebt, eine mit einem Bankier verheiratete Mutter dreier Kinder. "Mit 17 Jahren hat mir Emmanuel erklärt: Was auch immer Sie tun, ich werde Sie heiraten", verriet die 57-Jährige einer Zeitschrift. Gesagt, getan: 2007 gaben sich Brigitte Trogneux und Macron das Ja-Wort. "Zusammen auf dem Weg zur Macht" steht unter dem Foto, das das Paar auf dem roten Teppich des Elysée-Palasts zeigt. Doch welchen Weg der populäre Minister einschlägt, wird er erst in einigen Monaten entscheiden.

(RP)
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