Paris Fast jeder dritte Franzose wählt rechtsextrem

Paris · Bei den Regionalwahlen hat die Partei von Marine Le Pen offenbar landesweit beachtliche Zugewinne erzielt.

Front National - die französischen Rechtsextremen
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Bei den Regionalwahlen in Frankreich haben sich gestern Abend die Vorhersagen bestätigt. Nach ersten Schätzungen liegt der Front National (FN) von Marine Le Pen klar vorn und ist stärkste Kraft geworden. Drei Wochen nach den Anschlägen von Paris ist die erste Runde der Regionalwahlen in Frankreich zu einem massiven Votum für den rechtsextremen FN geworden. Nach ersten Hochrechnungen französischer Fernsehsender erreichte die Partei zwischen 29,5 und 30,8 Prozent.

Damit überholte der FN die konservativen Republikaner (LR) von Nicolas Sarkozy, die bei rund 27 Prozent lagen. Einen deutlichen Einbruch erlitten die regierenden Sozialisten (PS), die mit rund 23 Prozent abgestraft wurden.

Umfragen sahen den FN in sechs der 13 Regionen vorn, in denen gewählt wurde. Besonders spektakulär fiel der Erfolg in zwei Regionen aus: Nord-Pas-de-Calais-Picardie im Norden und Provence-Alpes-Côte-d'Azur (Paca) im Süden.

Front National wurde stärkste Kraft in Frankreich - Pressestimmen
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"Das Kalkül des Front National ist rundum aufgegangen"

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Marine Le Pen, Spitzenkandidatin im Norden, und ihre Nichte Marion Maréchal-Le Pen, Erstplatzierte der Liste in Paca, kamen beide auf 41,9 Prozent. Im Elsass lag Le Pens Vize Florian Philippot mit 39,6 Prozent vor dem Konservativen Philippe Richert (22,6) und dem Sozialisten Jean-Pierre Masseret mit 16,1 Prozent. In Languedoc-Roussillon- Midi-Pyrenées führte Le Pens Lebensgefährte Louis Aliot deutlich vor der sozialistischen Ex-Ministerin Carole Delga.

Der Sieg des FN in der zweiten Runde hängt nun allerdings davon ab, ob Konservative und Sozialisten in einigen Regionen gemeinsame Sache machen gegen den FN. Der PS wollte noch in der Nacht zu heute über seine Strategie entscheiden. Ein Verzicht würde bedeuten, dass die Regierungspartei sechs Jahre lang nicht im Regionalrat vertreten ist. Sarkozy hatte bereits angekündigt, dass seine Kandidaten nicht für die Sozialisten verzichten werden. Er bekräftigte am Abend noch einmal, dass es weder eine Fusion mit der Linken geben werde noch seine Partei Listen zurückziehe. Die jahrelang übliche "republikanische Front" gegen den FN scheint damit nicht mehr zu stehen.

Marion Maréchal-Le Pen warnte bereits vor einer Allianz von Republikanern und Sozialisten, um ihren Sieg zu vereiteln. "Meine größte Sorge sind die Machenschaften zwischen links und rechts, um das Votum der Demokratie zu verhindern", sagte die Abgeordnete bei der Stimmabgabe.

Mit dem Erfolg des FN setzte sich die Dynamik fort, die die Rechtspopulisten schon 2014 bei den Europawahlen zur stärksten Partei machte. Die Kommunal- und Departementswahlen bestätigten den Trend, auch wenn der FN im Frühjahr keines der 101 Departements für sich gewinnen konnte. Doch die Partei von Marine Le Pen profitierte mit ihrem einwanderungsfeindlichen Kurs von den Terroranschlägen vom 13. November. Die sozialistische Regierung sah sich gezwungen, Vorschläge der Rechtspopulistin wie den Ausnahmezustand umzusetzen. Präsident François Hollande erlebte mit seinem Krisenmanagement einen starken Anstieg seiner Popularität auf 50 Prozent. Seine Partei konnte allerdings nicht von dem Aufschwung profitieren.

Auch die Republikaner, die vor dem 13. November noch wie die klaren Wahlsieger aussahen, fielen in der Wählergunst ab. Die Vorschläge, die Parteichef Nicolas Sarkozy nach den Anschlägen machte, wirkten auf viele wie ein Abklatsch des Programms des FN. In etwa der Hälfte der Regionen könnten die Republikaner allerdings in der zweiten Runde doch noch gewinnen, wenn die Sozialisten darauf verzichten, ihren Kandidaten ins Rennen zu schicken.

Die Wahlbeteiligung lag mit 51 Prozent um vier Prozentpunkte höher als vor fünf Jahren. Allerdings ging etwa die Hälfte der Franzosen überhaupt nicht zu den Urnen. Die Abstimmung gut drei Wochen nach den Anschlägen war von strengen Sicherheitsmaßnahmen begleitet. So mussten Wähler in den Pariser Stadtbezirken, die Ziele der Attentäter waren, vor der Stimmabgabe ihre Taschen kontrollieren lassen.

Doch selbst wenn der FN nach seinen Erfolgen weiteren Zuspruch erhalten sollte, liegt das eigentliche Machtzentrum - der Élyséepalast - für Marine Le Pen in weiter Ferne. Bisher ist das französische Mehrheitswahlrecht ein Bollwerk gegen den Front National. Marine Le Pens Vater Jean-Marie schaffte es zwar 2002 überraschend in Runde zwei, unterlag dann jedoch deutlich dem parteiübergreifend unterstützten Kandidaten Jacques Chirac, der damals 82 Prozent erreichte.

(RP)
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