Berlin Flüchtlinge ohne Asylstatus müssen auf Familien warten

Berlin · Die große Koalition hat sich zum zweiten Mal auf das Asylpaket II geeinigt. Die CSU hat aber noch weitergehende Wünsche.

Auch nach dem Asylkompromiss der Koalition beharrt CSU-Chef Horst Seehofer weiter auf einer Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Er sei zwar "hochzufrieden", doch solle das Ergebnis "nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir noch längst nicht am Ziel sind", sagte er gestern in Berlin. Die Forderung nach einer Obergrenze und die Androhung einer Verfassungsklage Bayerns gegen den Bund halte er aufrecht. Der Asylkompromiss basiert im Kern auf einem Beschluss der Koalition vom November.

Familiennachzug Der Nachzug wird für bestimmte Flüchtlingsgruppen für zwei Jahre ausgesetzt. Das betrifft Menschen, die nur "subsidiär schutzberechtigt" sind. Dabei handelt es sich um keine anerkannten Flüchtlinge oder Asylbewerber, aber dennoch können diese Menschen aus humanitären Gründen nicht abgeschoben werden. Damit hat die SPD klein beigegeben, die stets syrische Geflohene von der Einschränkung ausnehmen wollte. Allerdings sollen bei künftigen Kontingenten von Flüchtlingen aus der Türkei, Jordanien oder dem Libanon vor allem Menschen aus Syrien ihre engsten Angehörigen nachholen können. Ab 1. August 2017 soll die bisherige Rechtslage automatisch wieder in Kraft treten.

Sichere Herkunftsländer Auch Marokko, Algerien und Tunesien sollen zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Die Union erhofft sich davon, die Abschiebung von Menschen aus diesen Ländern zu vereinfachen. Die CSU will noch elf weitere Länder, darunter die Ukraine, zu sicheren Ländern erklären. Der Bundesrat muss zustimmen, in der Vergangenheit standen die Grünen auf der Bremse. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist aber offen. Der Asylrechtler Daniel Thym sagt: "Kommt jemand aus einem sicheren Herkunftsland, sind damit andere Unterbringungsregeln, schnellere Bearbeitungszeiten, kürzere Klagefristen, ein Arbeitsverbot verbunden. Das kann dazu führen, dass sich weniger Nordafrikaner nach Europa auf den Weg machen."

Sprachkurse Die Koalition einigte sich darauf, dass sich Asylbewerber mit zehn Euro pro Monat an den Kosten für Integrations- und Sprachkurse beteiligen.

Abschiebungen Nur schwere Erkrankungen sollen künftig ein Hinderungsgrund für eine Abschiebung sein. Für ärztliche Atteste sollen die Regeln strenger werden. Auch bei der Beschaffung von Papieren für abgelehnte Asylbewerber will der Bund mehr tun. Abschiebungen scheitern bislang oft an fehlenden Ausweisdokumenten.

Aufnahmezentren Kern des Asylpakets II sind spezielle Aufnahmezentren, von denen bundesweit drei bis fünf entstehen sollen. Für die Dauer eines Asylverfahrens und gegebenenfalls bis zur Ausreise sind die Personen verpflichtet, sich nur im Bezirk der jeweiligen Ausländerbehörde aufzuhalten. Bei Verstößen riskiert der Asylbewerber, dass sein Verfahren eingestellt wird.

Integration Die Länder verlangen fünf bis sieben Milliarden Euro zusätzlich vom Bund für Mehrausgaben bei Kitas, Schulen, Sozialarbeitern und im Wohnungsbau. Man einigte sich auf eine Arbeitsgruppe, die bis Ende Februar Eckpunkte und bis Ende März ein Integrationskonzept vorlegt. Darin enthalten soll auch die geplante steuerliche Förderung des Wohnungsbaus sein.

(mar)
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