NRW hat die meisten Flüchtlinge Merkel geht mit Kritikern ins Gericht

Berlin · Ungarn schottet sich endgültig vor den Flüchtlingen ab und plant auch an der rumänischen Grenze einen Zaun. Die Kanzlerin wehrt sich dagegen, zu großzügig zu sein, und fordert einen EU-Sondergipfel.

 Merkel wehrt sich gegen ihre Kritiker.

Merkel wehrt sich gegen ihre Kritiker.

Foto: afp, IW

Berlin stand gestern völlig im Zeichen der Flüchtlingskrise. Eine Sondersitzung löste die nächste ab: Kabinett, SPD-Präsidium und Konferenz der 16 Ministerpräsidenten. Nach einem Gespräch mit dem österreichischen Amtskollegen Werner Faymann verwahrte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen die in den vergangenen Tagen heftig angeschwollene Kritik. Bei einer Pressekonferenz betonte sie: "Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mehr mein Land." Ihr österreichischer Kollege stärkte ihr den Rücken: "Ich bin dir sehr dankbar, dass du bei dieser Entscheidung nicht zögerlich warst", sagte Faymann zu Merkels Entscheidung Anfang des Monats, die Grenzen für die Flüchtlinge zu öffnen.

Merkel und Faymann beantragten auch einen EU-Sondergipfel der 28 Staats- und Regierungschefs. Er soll bereits in der kommenden Woche stattfinden. Dabei soll es auch um eine bessere Unterstützung der Herkunftsländer gehen. Zudem will Europa den Bau von Erstaufnahmeeinrichtungen an seinen Außengrenzen beschließen.

Unterdessen hat Ungarn die 175 Kilometer lange und durch einen Zaun geschützte Grenze nach Serbien für Flüchtlinge völlig geschlossen. Zugleich kündigte das Land an, ein ähnliches Bollwerk an der Grenze zum EU-Land Rumänien zu errichten. So wolle man einen Zustrom von Flüchtlingen über dieses Land verhindern.

Erst am Montag war ein Treffen der EU-Innenminister gescheitert. Die Ressortchefs hatten sich lediglich auf eine freiwillige Quote zur Aufnahme von 160.000 Flüchtlingen einigen können. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte "Druckmittel" gegen EU-Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen. "Die europäische Außen- und Entwicklungspolitik versagt in der Flüchtlingsfrage völlig", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Der Kampf gegen die Fluchtursachen müsse angegangen werden und könne nicht an EU-Haushaltsplänen scheitern, betonte Scheuer.

Aus den Beratungen des Bundeskabinetts mit den Ministerpräsidenten verlautete gestern Abend, dass der Bund die Länder beim Aufbau zusätzlicher Erstaufnahme-Plätze für Flüchtlinge entlasten will. Demnach bot der Bund an, 40.000 Plätze zur Erstaufnahme zu bauen und selbst zu betreiben. Hinzu kämen zwei Feldcamps mit je 5000 Plätzen, in denen Asylbewerber registriert und verteilt würden. Länder wie Bayern müssten dann nicht mehr die Hauptlast tragen.

Die Fragen der Gesamtkosten und in welchem Umfang der Bund sich beteiligen wird, sind erst beim Bund-Länder-Gipfel am 24. September Thema. Im Gespräch ist ein Sonderfonds für die Flüchtlinge, aus dem ein Pauschalbetrag pro Flüchtling finanziert werden könnte.

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Foto: afp, ak ej

Der SPD-Fraktionschef in NRW, Norbert Römer, will kürzere Asylverfahren bei jenen Flüchtlingen, die aus Kriegsgebieten wie Syrien und Irak kommen. Zugleich forderte er den Bund auf, die Hilfen für Länder und Kommunen zu verdoppeln. Im nächsten Jahr müsse Berlin ihnen 6,2 Milliarden Euro statt der geplanten drei Milliarden geben. In einer Düsseldorfer Flüchtlingsunterkunft gab es gestern einen Verdachtsfall auf Tuberkulose.

(qua)
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