Persönlich Fethullah Gülen . . . soll ausgebürgert werden

Der islamische Prediger Fethullah Gülen lebt seit 1999 in Saylorsburg, einem 1100-Seelen-Dorf im US-Bundesstaat Pennsylvania. Von hier aus steuert er ein Netzwerk aus Stiftungen, Bildungseinrichtungen und Medien. Die Residenz des Geistlichen, ein ehemaliges Landschulheim, ist gut gesichert. Gülen macht sich rar, auch für internationale Medien. Denn er hat einen mächtigen Feind: Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan sieht in ihm den Drahtzieher des Putschversuchs vom 15. Juli 2016, hat die Gülen-Bewegung zur Terrororganisation erklärt und will, dass die USA den 76-Jährigen ausliefern.

Im Juni forderte die türkische Regierung die Rückkehr von 130 mutmaßlichen Putsch-Verdächtigen, die sich im Ausland aufhalten. Wer nicht zurückkehrt, soll die türkische Staatsangehörigkeit verlieren. "Man wird sich an sie nicht länger als Bürger dieses Landes erinnern", drohte Erdogan. Die Frist ist am 5. September abgelaufen. Ganz oben auf der Liste: Gülen.

Nach seinem Militärdienst wurde er Prediger. Nun wird gegen ihn vor mehreren türkischen Gerichten verhandelt. Die Staatsanwälte haben für den Geistlichen insgesamt 3623 Mal lebenslange Haft beantragt.

Gülen ging 1999 aus der Türkei in die USA, um einer Verhaftung wegen islamistischer Umtriebe zu entgehen. Er hat eine lebenslange Aufenthaltsgenehmigung. Verliert er nun die türkische Staatsbürgerschaft, könnte er die Einbürgerung in den USA beantragen. Die Ausbürgerung könnte sich somit als ein Geschenk für Gülen erweisen.

In den 2000er Jahren waren Erdogan und Gülen enge Verbündete. Sie arbeiteten gemeinsam daran, die Schaltstellen in der Staatsbürokratie, der Justiz, dem Bildungswesen und dem Sicherheitsapparat mit eigenen Gefolgsleuten zu besetzen - bis Gülen Erdogan zu mächtig wurde. 2012 kam es zum Bruch. Die Vorgeschichte ist ausgeblendet. Und dabei soll es wohl bleiben.

Gerd Höhler

(RP)
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