Schuldenkrise Wie humanitäre Hilfe der EU für Griechenland aussehen könnte

Brüssel · Angesichts der Bilder von verzweifelten griechischen Rentnern, die vor den Banken warten, mehren sich in der EU die Rufe nach humanitärer Hilfe für das schuldengeplagte Land. Aber wie kann eine solche Hilfe aussehen? Ein Überblick.

Griechische Rentner strömen zu den Banken
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Es war am Wochenende, als das Bild eines weinenden, verzweifelten Rentners in Thessaloniki in den sozialen Netzwerken für Aufregung sorgte. Der Mann hatte bereits bei vier Banken versucht, etwas von seiner Rente zu bekommen, um die für seine kranke Frau benötigten Medikamente zu bekommen. Doch ohne Erfolg. "Da bin ich einfach zusammengebrochen."

Wie er warteten viele Rentner in der vergangenen Woche darauf, wenigstens die erlaubten 120 Euro von ihrem Konto abheben zu dürfen. Griechen, die in Besitz einer EC- oder Kreditkarte sind, dürfen 60 Euro pro Tag abheben. Und keiner weiß, wie lange das Geld in Griechenland noch reicht. Entsprechend warnt mancher schon davor, dass auch Benzin, Medikamente oder Nahrungsmittel demnächst knapp werden könnten und fordern humanitäre Hilfe der EU für das Land.

"Das Votum selbst regelt nichts"
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Foto: dpa, yk jak cul

So wie EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) im Gastbeitrag für unsere Redaktion. "Sie — die griechischen Familien, die Alten, die Kranken und die Einkommensschwachen — sind damit die eigentlichen Verlierer des griechischen Dramas", schreibt Schulz. "Sie dürfen wir nicht allein lassen, und deshalb plädiere ich dafür, dass wir humanitäre Gelder zur Verfügung stellen, um hier schnell zu helfen."

Auch der britische Finanzminister George Osborne warnte: "Wenn die Wirtschaftskrise in Griechenland fortbesteht, steigen die Risiken von Engpässen." Und EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) forderte in der "Bild"-Zeitung, die EU-Kommission und die Euro-Länder müssten nun in Griechenland verhindern, "dass es wegen der akuten Finanznot zu Engpässen bei Medikamenten, Lebensmitteln oder Öl und Gas kommt." Dafür könnten Mittel aus EU-Fonds für Naturkatastrophen genutzt werden.

Griechenland: Der erste Tag der Bankenschließung
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Der erste Tag der Bankenschließung in Griechenland

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Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU) denkt ebenfalls an EU-Hilfen zur Gesundheitsvorsorge, wie er der Nachrichtenagentur AFP sagte.

Noch sind das alles Überlegungen und Forderungen, aber es ist durchaus möglich, dass die Staats- und Regierungschefs der Eurozone auch darüber reden, wenn sie am Dienstagabend zu ihrem Sondergipfel in Brüssel zusammenkommen. Instrumente jedenfalls hat die EU dafür durchaus zur Verfügung. Aus Kommissionskreisen verlautet, dass die EU-Behörde alle möglichen Szenarien prüft, es aber noch zu früh sei, über Ergebnisse zu spekulieren.

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Normalerweise schickt die EU innerhalb Europas in der Regel nur bei Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen Hilfe. Diese umfasst meist Zelte, Lebensmittel, Wasser, Medikamente und warme Kleidung. Wenn nun über humanitäre Hilfe wie die Lieferung von Medikamenten für Griechenland diskutiert wird, ist dies ein Sonderfall.

Um die sozialen Folgen der langen Krisenjahre in Griechenland abzumildern, hilft die EU Athen schon jetzt — so wie anderen Krisenstaaten aber auch. Im Kampf gegen die Armut sind in der Haushaltsperiode von 2014-2020 rund 281 Millionen Euro für Griechenland vorgesehen, um die Ärmsten mit Nahrungsmitteln, Kleidern und anderen Dingen für den persönlichen Gebrauch wie Schuhe, Seife und Shampoo zu versorgen. Das Geld kann auch genutzt werden, um Menschen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu helfen. Die Auszahlung dieser Summen könnte nun vorgezogen werden.

Zudem fließt Geld aus dem Europäischen Sozialfonds nach Athen, um neue Jobs zu schaffen und Arbeitslose wieder in Beschäftigung zu bringen. Auch sind bis 2020 insgesamt 35 Milliarden Euro an europäischen Fördergeldern für Griechenland eingeplant. Die Gelder sollen die regionale Wirtschaft ankurbeln, die Lage am Arbeitsmarkt verbessern und die Landwirtschaft fördern. Allerdings kann Griechenland rund 20 Milliarden Euro davon aus dem Europäischen Struktur- und Investitionsfonds nur abrufen, wenn Athen selbst Geld dazu beisteuert (Ko-Finanzierung).

(das/dpa/AFP)
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