Irland hat EU-Ratspräsidentschaft inne Vom Sorgenkind zum Musterschüler

Dublin · Seit dem 1. Januar hat Irland die EU-Ratspräsidentschaft inne. Und während dieser will die Regierung in Dublin für "neue Hoffnung und neues Selbstvertrauen" sorgen. Das kommt nicht von ungefähr. Denn mit Irland führt erstmals ein Land die Geschäfte der Europäischen Union, das während der Euro-Krise mit Hilfsgeldern gestützt werden musste. Doch wie geht es dem einstigen Sorgenkind heute?

Warum fünf Euro-Länder Sorgen machen
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Warum fünf Euro-Länder Sorgen machen

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Foto: AP

Irlands Regierungschef Enda Kenny gibt sich zuversichtlich. "Ein sich erholendes Land wird die Erholung in Europa vorantreiben", sagte er zum Start der Ratspräsidentschaft. Von dem Krisenland solle ein Signal ausgehen, die Finanzschwäche in der EU zu überwinden.

Es sind große Worte in Zeiten, in denen Griechenland noch immer nicht aus dem Gröbsten heraus ist, spanische Banken finanziell unterstützt werden müssen und Ländern wie Italien und Zypern den Europäern die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Doch Irland weiß genau, warum es solche Worte wählt. Denn das Land wird wohl das erste sein, das die Krise überwindet. Damit könnte es Vorbild werden für alle anderen kriselnden Staaten.

85 Milliarden Euro als Krisenstütze

Das Land hat sich auf europäischer Ebene jedenfalls den Respekt vieler erworben. Dabei stand es vor wenigen Jahren noch alles andere als gut um das Krisenland. Denn einst galt Irland als "keltischer Tiger", quasi als Musterland innerhalb der Europäischen Union. Doch als die Euro-Krise aufkam, war es eines der ersten Länder, dass einen Hilferuf nach Brüssel aussenden musste.

Irland hatte wie etwa auch Spanien mit einer schweren Immobilien- und folgenden Bankenkrise zu kämpfen. Im Jahr 2010 war es dann der erste Staat in Europa, der unter den Rettungsschirm der EU und des Internationalen Währungsfonds IWF schlüpfen musste. 85 Milliarden Euro wurden dem Land zugesagt, ein großer Teil davon in Form von Garantien.

Seither war aus Dublin nur noch wenig zu vernehmen, was allerdings als gutes Zeichen zu vernehmen war. Denn während in anderen Krisenstaaten wie in Griechenland die Menschen zuhauf gegen die Sparpolitik ihrer Regierungen auf die Straße gingen, ertrugen die Iren zu einem großen Teil die ihnen auferlegten Bürden. Die Auflagen, welche die Troika dem Land auferlegte, wurden ohne Wenn und Aber erfüllt. Im Dezember hatte die Regierung ihr bereits sechstes Sparprogramm vorgelegt. Ein Musterbeispiel an Sparwillen in Zeiten der Krise.

Ende 2013 laufen die Hilfen aus dem Rettungsfonds aus, dann will sich Irland wieder selbst an den Märkten finanzieren. Erste Tests verliefen vielversprechend, im Sommer kehrte das Land zurück an die Finanzmärkte. Doch auch wenn die Zeichen durchaus positiv sind, so wird auch Irland noch einige Hürden überwinden müssen.

Wirtschaft wächst leicht

"Noch vor anderthalb Jahren gab es die Ansicht, dass Irland auf dem besten Wege ist, Bankrott zu gehen. So gesehen ist der Fortschritt seit 2011 ziemlich beachtlich", sagt John McHale, Wirtschaftsprofessor an der irischen Nationaluniversität in Galway. Es ist ein vorsichtiger Optimismus, denn Entwarnung kann auch in Irland noch nicht gegeben werden.

Die Wirtschaft des Landes wächst zumindest leicht. Im zweiten Quartal 2012 lag es bei 0,4 Prozent, im dritten bei 0,2 Prozent. Die Arbeitslosigkeit dagegen liegt mit 14,6 Prozent (Stand November 2012) noch immer auf einem sehr hohen Niveau. Und auch die Menschen spüren die Sparmaßnahmen enorm. "Im Vergleich zu anderen Rezessionen dringt die Armut immer mehr in die Mittelschicht vor", sagt Tom McSweeny, Vizepräsident der Wohltätigkeitsorganisation St. Vincent De Paul.

Aber Irland zeigt eben auch, dass es aufwärts gehen kann für ein Krisenland. Genau dafür will es stehen während seiner Ratspräsidentschaft. Und das auch ganz symbolisch. So wird die Privatwirtschaft durch Sponsoring an der Ratspräsidentschaft beteiligt, sodass die Kosten dafür sinken, und auf den Verhandlungstischen wird kein Mineralwasser stehen sondern demonstrativ Leitungswasser.

mit Agenturmaterial

(das)
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