Großbritannien Brexit-Befürworter Nigel Farage tritt als Ukip-Chef zurück

London · Nächster personeller Paukenschlag in Großbritannien: Der Chef der rechtspopulistischen britischen Partei Ukip, Nigel Farage, tritt zurück. Er war einer der entschiedensten Befürworter des Brexit.

Nigel Farage – Chef der britischen Partei Ukip
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Nigel Farage – Chef der britischen Partei Ukip

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"Ich habe entschieden, als Chef der Ukip zurückzutreten", sagte Farage bei einer Rede zum Brexit in Westminster. "Der Sieg des 'Leave'-Lagers bei dem Referendum bedeutet, dass sich meine politischen Ziele erfüllt haben." Zudem wolle er etwas mehr Ruhe: "Während der Kampagne zum Brexit-Referendum habe ich gesagt: 'Ich will mein Land zurück'. Jetzt sage ich: 'Ich will mein Leben zurück'."

In seiner Rede bedankte sich Farage zunächst bei den Brexit-Unterstützern und zeichnete Großbritannien eine gute Zukunft als Staat außerhalb der EU vor. Zum Ende kündigte er dann seinen Rücktritt als Ukip-Chef an: "Ich wollte nie eine Karriere als Politiker machen. Mein politisches Ziel war es, Großbritannien aus der EU zu holen. Nun habe ich das Gefühl, meinen Teil getan zu haben. Mehr kann ich unmöglich erreichen", sagte Farage. Und weiter: "Ich habe das Gefühl, dass es richtig ist, dass ich nun als Vorsitzender von Ukip zurücktrete." Er werde aber die Partei und ihren neuen Vorsitzenden weiterhin unterstützen. Er wolle sich auch für andere Unabhängigkeitsbewegungen innerhalb der EU einsetzen, fügte Farage hinzu.

Auf seiner Facebook-Seite wurde die Ankündigung live übertragen:

Es ist schon das zweite Mal, dass Farage seinen Rückzug als Parteichef ankündigt. Dieses Mal werde es aber endgültig sein, sagte er. Er werde seinen Sitz im Europäischen Parlament behalten, um die Brexit-Verhandlungen bis zum Ende mitzumachen. Farage sitzt seit 17 Jahren im Europäischen Parlament.

Farage gilt als Großbritanniens EU-Gegner Nummer eins. Das Brexit-Votum vor knapp zwei Wochen galt als Höhepunkt seiner politischen Karriere. Knapp 52 Prozent der Briten hatten sich für einen Austritt ausgesprochen.

Seit 2010 stand Farage an der Spitze der Partei. Bereits zuvor war er von 2006 bis 2009 Parteichef. Er gilt als Hardliner, der vor allem Migration zu einem Hauptthema des Brexit-Wahlkampfs gemacht hatte.
Kritiker warfen ihm vor, er sei demagogisch und schüre in der Bevölkerung Ängste gegen Ausländer. Schon zuvor sorgte er immer wieder mit populistischen und fremdenfeindlichen Parolen für Schlagzeilen.

Schon direkt nach dem Referendum über einen Austritt aus der EU hatte Premierminister David Cameron seinen Rücktritt angekündigt. In der vergangenen Woche hatte zudem das Gesicht der Anti-EU-Kampagne, der ehemalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson, angekündigt, nicht als Nachfolger zu kandidieren.

Seine ersten Gehversuche in der Politik machte Farage bei den Konservativen, doch dann unterschrieb Großbritannien unter Premierminister John Major 1992 den EU-Vertrag von Maastricht. Farage gründete mit anderen die Ukip. Charisma und Redebegabung ließen ihn schnell aufsteigen. 1999 ergatterte der Engländer einen Sitz im Europaparlament, 2006 übernahm er den Ukip-Parteivorsitz.

Der Versuch, 2010 bei der britischen Unterhauswahl Parlamentssitze zu erringen, scheiterte. Ukip bekam nur drei Prozent der Wählerstimmen. Doch auch das konnte seine Angriffslust auf die britische Politik nicht stoppen. Weitgehend schadlos navigierte Farage durch Skandale. Es ging um Ausgaben von Parlamentariern, Rassismus- und Sexismusvorwürfe, Rangeleien, angebliche Affären. Farage punktete trotzdem immer wieder, wenn er gegen die Brüsseler Bürokratie wetterte oder die angeblich verlorene Kontrolle über die Zuwanderung beklagte.

(crwo/dpa/afp)
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