Türkei Unionspolitiker stellen Beitrittsverhandlungen mit der EU in Frage

Berlin · Das harte Durchgreifen der türkischen Regierung nach dem Putschversuch beeinträchtigt nach Einschätzung von führenden Politikern der Union die EU-Beitrittsverhandlungen. In dem Land selbst könnte schon bald die Todesstrafe wiedereingeführt werden.

 Nach dem Putschversuch gehen viele Menschen auf die Straße

Nach dem Putschversuch gehen viele Menschen auf die Straße

Foto: ap, LP

Wenn Präsident Recep Tayyip Erdogan die Situation ausnutze, "um weitere Verfassungsrechte einzuschränken, dann werden die Beitrittsverhandlungen schwierig bis unmöglich", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), dem "Handelsblatt".

Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU), forderte die türkische Regierung auf, die demokratischen Prinzipien einzuhalten. Unrecht dürfe nicht mit Unrecht bekämpft werden, sagte er dem Blatt. "Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein undemokratischer Staat Mitglied der EU wird." CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer forderte, nun die Beitrittsverhandlungen ernsthaft zu überdenken. "Wer es spätestens bis jetzt nicht gemerkt hat: Die EU-Türkei-Politik muss vollständig auf den Prüfstand."

Das Aus für die türkische EU-Kandidatur könnte noch beschleunigt werden, wenn das Land wieder die Todesstrafe einführt. Staatschef hat diese Möglichkeit angedeutet. Die Regierung werde mit der Opposition darüber beraten und eine Entscheidung treffen, sagte er vor zahlreichen Anhängern in Istanbul, die laut die Todesstrafe forderten. In Demokratien würden Entscheidungen auf Grundlage dessen getroffen, "was das Volk sagt", sagte Erdogan.

Die Entscheidung dürfe nicht zu lange hinausgezögert werden, "da diejenigen, die in diesem Land gegen den Staat putschen, einen Preis dafür zahlen müssen", sagte Erdogan. Die Türkei hatte die Todesstrafe im Jahr 2002 im Zuge ihres Strebens nach einer EU-Mitgliedschaft abgeschafft. Seit 2005 laufen die Verhandlungen mit der Türkei über einen EU-Beitritt. Mittlerweile sind 16 von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln eröffnet, in denen die EU-Standards für eine Mitgliedschaft festgelegt sind.

Mehr zum Putschversuch in der Türkei lesen Sie in unserem Dossier.

(crwo/AFP)
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