Abstimmung im EU-Parlament Czarnecki muss wegen Nazi-Vergleichs seinen Posten räumen

Straßburg · Ryszard Czarnecki ist als Vizepräsident des EU-Parlaments abgewählt worden. Der Pole hatte eine Abgeordnete beschimpft. Die Abwahl ist die erste in der Geschichte des EU-Parlaments.

 Ryszard Czarnecki.

Ryszard Czarnecki.

Foto: rtr, VK/SAA/

Das Europäische Parlament hat am Mittwoch für die Absetzung seines polnischen Vizepräsidenten Ryszard Czarnecki gestimmt. 447 Abgeordnete sprachen sich für die Amtsenthebung aus, 196 dagegen. Damit wurde die erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht. Es ist das erste Mal in der Geschichte des EU-Parlaments, dass ein Amtsträger nach Artikel 21 der Geschäftsordnung abgewählt wurde.

Czarnecki hatte die polnische Abgeordnete Roza Thun mit einer Nazi-Kollaborateurin verglichen, nachdem sie die polnische Regierung kritisiert hatte. Thun sagte einem deutschen Fernsehsender, die Staatsführung bewege Polen in Richtung einer "Diktatur". Czarnecki bezeichnete die Abgeordnete daraufhin als "Szmalcownik", ein abwertender polnischer Ausdruck für Polen, die während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg Juden an die Nazis verrieten.

"Andere Mitglieder mit Nazi-Parolen zu attackieren, ist ein No Go", twitterte der EU-Abgeordnete Jo Leinen (SPD) am Morgen vor der Abstimmung. Czarnecki müsse als Vizepräsident zurücktreten. Angestoßen hatten die Abwahl die Fraktionschefs der EVP, der Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen. Es sei unangebracht, dass Czarnecki als Parlamentsvizepräsident weiterhin Sitzungen des Plenums leite, hieß es. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, sagte, er wolle sich nicht von Czarnecki repräsentieren lassen. Czarnecki habe sich bereits mehrfach nicht angemessen verhalten und etwa Europa mit der Sowjetunion verglichen.

Nach der Abstimmung bezeichnete Czarnecki den Schritt gegen ihn als "antipolnisch" und sagte, er bereue nicht, Polen gegen Oppositionspolitiker zu verteidigen, die das Land im Ausland kritisierten. Er sei seinen Ansichten treu geblieben. Das EU-Parlament teilte mit, dass der Schritt nicht gegen Polen gerichtet sei. Czarnecki war einer von 14 Vizepräsidenten des EU-Parlaments und wird diesem weiter als Abgeordneter angehören.

Die Beziehungen zwischen Polen und der Rest-EU sind seit geraumer Zeit angespannt. Eine Justizreform in Polen ist bei der EU-Kommission auf heftige Kritik gestoßen.

(dpa)
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