EU-Parlament kritisiert Erdogan "Ein Drama für die Türkei, ein großes Problem für die EU"

Straßburg · Die Abgeordneten des EU-Parlaments machten am Mittwoch wieder einmal klar, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan von ihnen kein Entgegenkommen erwarten kann. Die von ihm betriebene Aufhebung der Immunität von 138 türkischen Abgeordneten wurde in großer Einmütigkeit kritisiert.

"Wir sind fassungslos, dass es im 21. Jahrhundert möglich ist, in einer derartigen Weise ein Klima der Angst und Einschüchterung zu schaffen", sagte die Vorsitzende der Fraktion der Linken, Gabi Zimmer, am Mittwoch im EU-Parlament in Straßburg.

"Wir dürfen keine Kompromisse mehr machen", sagte die niederländische Liberale Marietje Schaake unter Hinweis auf die von der Türkei geforderten Visaerleichterungen und die Beschleunigung von Beitrittsverhandlungen mit der EU. "Von unabhängiger Justiz ist keine Rede mehr", sagte Alexander Graf Lambsdorff (FDP). "Wird die Sicherheitslage deswegen besser? Genau das Gegenteil ist der Fall.

Erdogan trete alle Grundrechte mit Füßen, sagte Renate Sommer (CDU). "Das ist ein Drama für die Türkei, aber es ist auch ein großes Problem für die EU." Die EU müsse die Beitrittsverhandlungen "endlich und endgültig" beenden, forderte sie. Kritiker werfen Erdogan vor, er wolle durch Verfahren gegen die Abgeordneten, von denen viele der kurdischen Partei HDP angehören, die eigene Mehrheit stärken und damit ein Präsidialsystem schaffen.

Für das Gegenteil plädierte der österreichische EU-Kommissar Johannes Hahn. Die EU-Behörde sei überzeugt, dass es sinnvoll sei, zwei neue Verhandlungsbereiche über Justiz und Grundrechte mit der Türkei zu eröffnen, um "Standards zu definieren". Die Türkei sei zwar in der Flüchtlingsfrage ein wichtiger Partner - doch bedeute dies "keinen Blankoscheck". Die Kommission sei über die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten und über die Lage in den Kurdengebieten "ernstlich besorgt".

"Es gibt keine Rechtfertigung", sagte die niederländische Sozialdemokratin Kati Piri zu Terroranschlägen in der Türkei. "Aber man muss etwas in eine gerechte und dauerhafte Lösung der Kurdenfrage investieren."

(dpa)
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