Erdogan zu Gast in Brüssel Türkei soll Flüchtlinge stoppen

Brüssel/Berlin · Die EU will den massiven Zustrom schon jenseits ihrer Außengrenzen drosseln. Dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan werden dazu Hilfen in Aussicht gestellt. Ein militärischer Zwischenfall verschärft die Syrien-Krise erneut.

Ursachen der großen Flucht
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Foto: ALESSANDRO BIANCHI

In der Flüchtlingskrise wollen die Türkei und die EU zusammenarbeiten, um den Zustrom nach Europa früher zu stoppen. Die Europäische Union müsse ihre Außengrenzen besser schützen, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk bei einem Auftritt mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Brüssel. Tusk fügte hinzu: "Wir erwarten von der Türkei das Gleiche."

Erdogan wies darauf hin, derzeit befänden sich beinahe 2,5 Millionen Migranten im Land, 2,2 Millionen davon aus Syrien. Die Europäer hätten Schwierigkeiten, eine gemeinsame Position zu finden, merkte der türkische Präsident an. Er forderte entschiedene Schritte gegen die Krise; so müsse über eine Flugverbotszone in Syrien geredet werden. Gleichzeitig signalisierte Erdogan Diplomaten auch seine Bereitschaft, weitere Flüchtlingslager in der Türkei einzurichten.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker erklärte, er wolle Erdogan einen türkisch-europäischen Aktionsplan zum Umgang mit der Flüchtlingskrise vorschlagen. Im Gespräch sind unter anderem Milliardenhilfen, mit denen die Flüchtlinge in ihren Lagern in der Türkei besser versorgt werden sollten.

Bereits zuvor hatten deutsche Politiker Erdogan aufgefordert, einen weiteren massiven Flüchtlingsstrom nach Europa zu verhindern. "Erdogan muss Wert darauf legen, dass er die Grenzen wieder schließt", sagte Elmar Brok (CDU), Chef des Außenausschusses im EU-Parlament, der "Welt". Dabei habe er Anspruch auch auf finanzielle Unterstützung. Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Vizepräsident des EU-Parlaments, sagte: "Ich erwarte, dass die Türkei fortsetzt, was sie die letzten Jahre gut gemacht hat: eine vorbildliche Flüchtlingspolitik und eine wirksame Kontrolle der Außengrenze."

Die Türkische Gemeinde Deutschlands begrüßte Erdogans Besuch in Brüssel als überfällig. "Die EU darf die Türkei nicht alleinlassen. Und Erdogan muss jetzt zeigen, wie ernst er es mit Europa meint, indem er der Staatengemeinschaft bei der Lösung der Flüchtlingskrise hilft", sagte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Gökay Sofuoglu, unserer Redaktion. Die Europäische Union solle sich daran beteiligen, mehr Unterkünfte für Flüchtlinge in der Türkei zu schaffen und die Qualität der Unterbringung zu verbessern. "Viele Menschen werden gar nicht mehr registriert", sagte Sofuoglu. Verärgert zeigte er sich über Warnungen aus den Unionsparteien, Erdogan zu sehr entgegenzukommen: "Manche Unionsabgeordnete beziehen ihre Kritik an der Türkei zu stark auf Erdogan."

Überschattet wurde Erdogans Reise von einem militärischen Zwischenfall: Ankara warf Moskau vor, ein russisches Kampfflugzeug sei in den türkischen Luftraum eingedrungen. Zwei F 16-Kampfjets hätten eine russische Maschine am Samstag gezwungen, türkischen Luftraum zu verlassen, teilte das Außenministerium in Ankara mit. Russland fliegt seit vergangener Woche Angriffe auf Stellungen der Terrormiliz "Islamischer Staat" und anderer Rebellen in Syrien.

Russland bestätigte die Verletzung des Luftraums; es handele sich um ein Versehen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nannte den Vorfall inakzeptabel: "Russlands Handeln trägt nicht zu Sicherheit und Stabilität der Region bei."

(jd/RP)
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