Griechische Schuldenkrise Juncker hat keine Geduld mehr mit Tsipras

Elmau · EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am Rande des G7-Gipfels im oberbayrischen Schloss Elmau Griechenland wegen seiner Unwilligkeit kritisiert, eine akzeptable Reformliste vorzulegen. Die ist notwendig, damit Athen neue Rettungsgelder bekommt.

 Jean-Claude Juncker (rechts) ist über Alexis Tsipras leicht verstimmt.

Jean-Claude Juncker (rechts) ist über Alexis Tsipras leicht verstimmt.

Foto: dpa, jw jak

"Bis heute hat Ministerpräsident Tsipras die für den vergangenen Donnerstag versprochene List nicht präsentiert", erklärte Juncker. Stattdessen habe der griechische Premier, so Juncker, ein "enttäuschende Rede" in Athen vor dem Parlament gehalten.

Dort schloss Tsipras Sozialkürzungen definitiv aus und sprach von "absurden Vorschlägen aus Brüssel". Einen Termin in Brüssel strich der griechische Regierungschef demonstrativ. Juncker sieht deshalb keine Notwendigkeit, mit Tsipras zu reden. Ein Telefongespräch mit dem griechischen Premier hatte er bereits zuvor abgelehnt. Griechenland muss in diesem Monat 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) und bis Ende August 6,7 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank zurückzahlen. Denn Zahlungstermin vom vergangenen Freitag, an dem 300 Millionen Euro an den IWF fällig waren, hatte Griechenland erst einmal verschoben. Es will seine offenen Verbindlichkeiten am Ende des Monats auf einen Schlag begleichen.

Juncker, der die Griechen in der Vergangenheit stets unterstützt hatte, reagiert auf die neuerliche Verzögerung aus Athen sehr ärgerlich. "Es gibt einen Termin, an dem definitiv Schluss ist", sagte der EU-Kommissionspräsident. Er schließe zwar nach wie vor einen "Grexit" aus, also das Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone. Aber das heiße nicht, dass Athen dauerhaft die Vorlage einer verbindlichen und akzeptablen Reformliste verzögern könne. Den griechischen Präsidenten Tsipras bezeichnete Juncker weiterhin als seinen Freund. "Freundschaft bedeutet aber, dass man ein Minimum an Regeln einhalten muss", schränkte er sogleich ein.

Unterdessen sagte Finanzminister Giannis Varoufakis der Tageszeitung "Proto Thema", die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission seien "an der Grenze zur Beleidigung" und "eine aggressive Geste mit dem Ziel, die Regierung zu terrorisieren". Die Geldgeber verstünden nicht, "dass diese griechische Regierung nicht terrorisiert werden kann". Varoufakis forderte erneut eine Umschuldung.

Worterklärungen in Griechenlands Schuldenkrise
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Foto: dapd, Michael Gottschalk

Die wirtschaftliche Lage Europas bezeichnete Juncker als hoffnungsvoll. "Wir befinden uns auf dem Pfad einer langsamen Erholung", sagte der Chef der Brüsseler Behörde auf Schloss Elmau. Die europäische Wirtschaft wachse in diesem Jahr um 1,8 Prozent, im kommenden Jahr um 2,1 Prozent. "Wir haben die Kurve gekriegt", erklärte Juncker. Trotzdem sei das Potenzial der europäischen Wirtschaft wesentlich höher. Vor allem von einer Vertiefung der Handelsbeziehungen, die auch Thema beim G7-Gipfel sind, erwartet sich der europäische Spitzenfunktionär einen deutlichen Schub für die EU-Länder. Seit 1990 seien in der Exportindustrie Europas 12,5 Millionen Arbeitsplätze entstanden.

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Der europäische Ratspräsident, Donald Tusk, forderte ehrgeizigere Klima-Ziele von den führenden Industrieländern. Für die kommende Klimakonferenz in Paris bräuchten die G7-Staaten vor allem einen gemeinsamen Ansatz. Sonst seien verbindliche Vorgaben für die Länder, die für einen großen Anteil des Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich seien, nicht möglich. Die EU-Länder wollen bis 2020 ihre Emissionen des schädlichen Klimagases um 40 Prozent gegenüber 1990 verringern.

(kes)
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