Schuldenkrise Griechisches Parlament billigt Referendum

Athen · Entscheidende Stunden in Athen: Das Parlament hat das geplante Referendum über die Reformvorschläge der Gläubiger gebilligt. Die Geldgeber wollen das Rettungsprogramm auslaufen lassen. Trotzdem hoffen alle Beteiligten noch auf eine Einigung in letzter Minute.

 Das griechische Parlament hat dem Referendum zu den Reformvorschlägen der Gläubiger zugestimmt

Das griechische Parlament hat dem Referendum zu den Reformvorschlägen der Gläubiger zugestimmt

Foto: ap

Griechenlands Zukunft in der Eurozone hängt gefährlich in der Schwebe. Trotz dem Nein der Eurogruppe zu einer Verlängerung des Rettungsprogramms hat das Parlament in Athen grünes Licht für ein Referendum über die Reformvorschläge der internationalen Geldgeber gegeben. "Der Volksentscheid wird am nächsten Sonntag stattfinden, ob die Partner das wollen oder nicht", erklärte Regierungschef Tsipras. Auf seinen überraschenden Vorstoß reagierten die griechische Opposition und Spitzenpolitiker in Europa mit Unverständnis. Doch stehe Athen die Tür für weitere Gespräche noch offen, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Djisselbloem. Zudem bot sich Frankreich im letzten Ringen um eine Einigung als Vermittler an.

Die Zeit ist denkbar knapp. Schon am Dienstag muss Athen Schulden in Höhe von 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen. Da es diese Summe aus eigener Kraft kaum aufbringen kann, ist es auf die 7,2 Milliarden Euro aus dem Rettungspaket angewiesen. Diese verfallen aber ebenfalls am Dienstag.

Eigentlich war für Samstag ein Durchbruch bei den Verhandlungen erwartet worden. Doch die Hoffnungen zerschlugen sich, als Tsipras überraschend für den 5. Juli ein Referendum über die Sparauflagen ankündigte und damit die Geldgeber vor den Kopf stieß. Die Euro-Finanzminister lehnten daraufhin ab, das Rettungsprogramm für Athen um einen Monat zu verlängern. Es laufe am Dienstag aus, sagte Eurogruppenchef Djisselbloem. Die Euro-Finanzminister berieten dann über die Folgen der Eskalation im Schuldendrama - ohne den griechischen Ressortchef Gianis Varoufakis. "Es ist ein trauriger Tag für Europa, aber wir werden es überstehen", sagte er beim Verlassen der Sitzung.

Trotz der geplatzten Gespräche sah Dijsselbloem weiter eine Chance für eine Einigung im Schuldenstreit. Doch machte er deutlich, dass die Regierung in Athen nun auf die Geldgeber zukommen müsse. "Es waren nicht die Institutionen, die letzte Nacht die Gespräche verlassen haben. Es waren nicht wir, die gesagt haben, das die Gespräche zu einem negativen Ende gekommen sind, es war die griechische Regierung."

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Auch Frankreichs Finanzminister Michel Sapin betonte, dass ein Deal noch möglich sei. Er sei bereit, als Vermittler zwischen Athen und seinen internationalen Geldgebern zu fungieren.

Die Gläubiger wollten einer Verlängerung des Rettungsprogramms nur zustimmen, wenn Athen Reformen zusagt, die seine Zahlungsfähigkeit sicherstellen sollen. So hatte es am Freitag geheißen, Griechenland wolle den Kreditgebern entgegenkommen und den Beitrag des Staatshaushalts zu den Renten kürzen. Im Gegenzug boten die Gläubiger an, das Programm um fünf Monate zu erweitern und auf 15,5 Milliarden Euro aufzustocken.

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Doch sagte Tsipras während der fast 13 Stunden langen Debatte im Parlament, die mit 178 Ja- und 120 Nein-Stimmen für das Referendum endete: "Sie baten uns nicht um Zustimmung, sie baten uns, unsere politische Würde herzugeben." Das griechische Volk werde am kommenden Sonntag gegen einen Deal stimmen. "Dieses Nein wird ein großes Ja sein, ein großes Ja zur Entscheidung der griechischen Regierung, ein Ultimatum abzulehnen, das die Griechen beleidigt", sagte Tsipras am späten Samstagabend.

Unter seinen Landsleuten scheint sich indes Panik breitzumachen. Vor den Geldautomaten bildeten sich Schlangen von Bürgern, die ihre Einlagen sichern wollten.

Nun hängt viel von der Europäischen Zentralbank ab. Sollte Griechenland zahlungsunfähig werden, könnte sich die EZB gezwungen sehen, ihre Notkredite für griechische Banken zu stoppen, bei denen die Bürger allein in der vergangenen Woche viele Milliarden Euro abhoben. Damit ginge das Bargeld aus und der Wirtschaftskreislauf käme zum Erliegen. Die klamme Regierung wäre gezwungen, eine neue Währung in Umlauf zu bringen - und würde so praktisch den Ausstieg aus dem Euro zementieren. Der Gouverneursrat der EZB kündigte ein Treffen an, das voraussichtlich am (heutigen) Sonntag stattfinden soll.

(ap)
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