Nach "Nein" im Referendum Merkel sieht keine Verhandlungsbasis für neue Griechen-Hilfen

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht nach der klaren Absage der Griechen an ein Reform- und Sparprogramm vorerst keine Basis für Verhandlungen über ein neues Rettungspaket für Athen.

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"Angesichts der gestrigen Entscheidung der griechischen Bürger gibt es zurzeit nicht die Voraussetzungen, um in Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm einzutreten", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Das Ergebnis der Volksabstimmung sei eine Absage an den Grundsatz für europäische Hilfen, nach der Solidarität und Eigenanstrengungen untrennbar verbunden seien. Die Bundesregierung bekenne sich weiter zu diesem Grundsatz. Man bleibe aber natürlich gesprächsbereit: "Die Tür für Gespräche bleibt immer offen."

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Es müsse nun erkundet werden, welche Möglichkeiten es gebe, den griechischen Bürgern zu helfen, sagte Seibert. "Bei alledem wird es sehr darauf ankommen, welche Vorschläge die griechische Regierung auf den Tisch legt."

Finanzministerium: Schuldenschnitt weiter kein Thema

Nach Darstellung des Finanzministeriums ist ein Schuldenschnitt weiter kein Thema. Die deutsche Position habe sich überhaupt nicht verändert, sagte Ministeriumssprecher Martin Jäger.

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Jäger sagte am Montag in Berlin, dies sei auch nicht Gegenstand der zuletzt abgebrochenen Verhandlungen über das zweite Hilfspaket gewesen. Zwar sei es zutreffend, dass "wir uns mit der Schuldentragfähigkeit beschäftigen müssen", sollte Griechenland einen Antrag auf Hilfen aus dem dauerhaften Rettungsfonds ESM stellen. Daraus sei aber nicht abzuleiten, "dass die Verhandlungen in eine bestimmte Richtung gehen müssten."

Der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) fügte hinzu, die Lage jetzt sei nicht vergleichbar mit dem Umfeld, in dem vor gut drei Jahren ein Schuldenschnitt zu Gunsten Griechenlands gemacht worden sei. "Ich sehe keinen Anknüpfungspunkt", sagte der Sprecher.

Im März 2012 waren Griechenland 53,5 Prozent der Schulden vor allem bei privaten Gläubigern wie Banken erlassen worden. Dies entsprach einer Verringerung um etwa 107 Milliarden Euro. Seitdem hat Athen Schulden vor allem gegenüber öffentlichen Geldgebern wie Staaten und internationalen Organisationen.

Tsipras berät sich mit Spitzen der Athener Politik

Die Spitzen der Athener Politik sind derweil am Montag zu Beratungen zusammengekommen. Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos hatte auf Bitte von Ministerpräsident Alexis Tsipras die Chefs der großen Parteien in seinen Amtssitz geladen. Die Parteichefs wollten mit Tsipras die Folgen des Referendums erörtern, bei dem die Griechen sich am Sonntag mit großer Mehrheit gegen weitere Sparmaßnahmen ausgesprochen hatten.

Wie die griechische Presse übereinstimmend berichtete, setzten sich Pavlopoulos und Tsipras telefonisch zudem mit dem französischen Präsidenten François Hollande in Verbindung. Über den Inhalt des Gespräches wurde zunächst nichts bekannt. Außerdem habe es ein Telefonat von Tsipras mit dem Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, gegeben.

Die griechischen Banken leiden unter Liquiditätsproblemen. Seit einer Woche gelten in Griechenland Kapitalverkehrskontrollen.

(AFP)
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