Rückschlag für EU-Flüchtlingspolitik Balkan-Länder führen Obergrenze ein

Ljubljana · Im Streit um die Flüchtlingspolitik reißen die Gräben in der EU immer tiefer auf. Nach Österreich verkündeten am Freitag auch Slowenien, Kroatien und Serbien eine Tages-Obergrenze für die Einreise von Flüchtlingen. Die EU steuere auf ein "Desaster" zu, warnt ein Politiker.

 Tausende Flüchtlinge stranden in diesen Tagen in Griechenland.

Tausende Flüchtlinge stranden in diesen Tagen in Griechenland.

Foto: dpa, yk sh

Mehrere Mittelmeerländer der EU sowie EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos warnten vor einseitigen Maßnahmen zur Eindämmung des Flüchtlingsandrangs. Griechenland lehnte im Streit mit Österreich einen Besuch von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in Athen ab.

Die neue Obergrenze von 580 Flüchtlingen täglich sei im Einklang mit einer regionalen Übereinkunft von Ländern entlang der sogenannten Balkanroute, sagte die Sprecherin des Innenministeriums in Ljubljana, Vesna Drole, der Nachrichtenagentur AFP. Die Polizeichefs von Slowenien, Kroatien, Serbien, Mazedonien und Österreich hätten bei ihrem Treffen vergangene Woche in Zagreb "einstimmig" diese Tages-Obergrenze von "etwa" 580 Migranten am Tag beschlossen.

Eine Sprecherin der kroatischen Polizei sagte, ihr Land wolle sich ebenfalls an die Obergrenze halten. Ein Vertreter des für die Flüchtlingspolitik zuständigen Arbeitsministeriums in Belgrad sagte AFP, Serbien werde wie bisher in der Flüchtlingspolitik "das gleiche machen, was auch immer Österreich, Slowenien und Kroatien tun."

Österreichs Regierung hatte bereits vor einer Woche eine Obergrenze eingeführt. Sie akzeptiert nur noch die Einreise von 80 Asylbewerbern pro Tag sowie die Durchreise vor allem nach Deutschland von täglich 3200 Flüchtlingen. Die EU-Kommission erklärte diese Deckelung für rechtswidrig.

Die Obergrenzen dürften auch Thema bei einer Reise von EU-Ratspräsident Donald Tusk in mehrere Länder der Balkanroute sein. Tusk werde am Dienstag zunächst Gespräche in Wien führen, teilte sein Büro in Brüssel mit. Es folgen dann bis zum Donnerstag Stationen in Slowenien, Kroatien, Mazedonien und Griechenland.

Wenn Slowenien, Kroatien, Serbien, Mazedonien und Österreich die Obergrenze tatsächlich umsetzen, würde sich die Lage der Flüchtlinge in Griechenland weiter verschärfen. Allein an der Grenze zu Mazedonien saßen am Freitag bereits rund 4000 Menschen fest.

Griechenland befürchtet, dass die anderen Länder die griechisch-mazedonische Grenze vollständig schließen. Athen warnte, es würde so de facto aus dem Schengenraum ausgeschlossen und zu einer Art riesigem Auffanglager für Flüchtlinge.

Besonders heftig streitet Griechenland derzeit mit Österreich. Im Außenministerium in Athen hieß es, dass Wiens Vorschlag für einen Griechenland-Besuch von Mikl-Leitner zurückgewiesen worden sei. Am Vortag hatte Griechenland seine Botschafterin in Österreich zu Konsultationen zurückgerufen.

Das Innenministerium in Wien bedauerte die griechische Entscheidung gegen eine "offene Diskussion" und erklärte sich weiter zu einem Gedankenaustausch bereit.

Beim EU-Innenministertreffen am Donnerstag in Brüssel hatte Österreich Griechenland vor einem möglichen Ausschluss aus dem Schengenraum gewarnt. "Wenn Griechenland nicht in der Lage oder bereit ist, seine Außengrenzen zu schützen, müssen andere das Heft des Handelns in die Hand nehmen", sagte Mikl-Leitner.

Dies hätten Österreich und neun weitere Länder auf der Balkanroute bei ihrem Treffen am Mittwoch in Wien getan. Griechenland steht seit Monaten in der Kritik, weil es aus der Türkei kommende Flüchtlinge bisher weitgehend ungehindert weiterreisen ließ.

Ein "Desaster"

EU-Migrationskommissar Avramopoulos warnte am Freitag vor einem Scheitern des EU-Gipfels mit der Türkei zur Flüchtlingskrise Anfang März. Ohne eine Einigung auf eine gemeinsame Vorgehensweise werde die EU auf ein "Desaster" zusteuern, sagte der Grieche. Die Mitgliedsländer müssten "einseitige oder bilaterale Aktionen" beenden.

Die Außenminister der Mittelmeer-Anrainer Griechenland, Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, Malta und Zypern erklärten bei einem Treffen im zyprischen Limassol, sie stünden in der Flüchtlingskrise an der "Frontlinie". "Einseitige Maßnahmen der Mitgliedstaaten können keine Lösung für die Krise sein", kritisierten sie.

(AFP)
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