Flüchtlinge in Griechenland So dramatisch ist die Lage im Elendscamp von Idomeni

Athen · Sie sind vor dem Krieg geflohen und sitzen jetzt völlig durchnässt in einem riesigen Flüchtlingscamp fest. Mehr als 13.000 Flüchtlinge kämpfen vor der griechisch-mazedonischen Grenze mit menschenunwürdigen Zuständen.

Flüchtlinge in Idomeni: Lage in Griechenland dramatisch
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Dramatische Lage im Flüchtlingslager von Idomeni

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Foto: afp, dd/

Über tausende Flüchtlinge im nordgriechischen Lager Idomeni bricht die Sintflut herein. Fünf Stunden lang prasselt der Starkregen auf die kleinen Zelte, in die sich die Menschen verkrochen haben. Wiesen und Felder, auf denen diese Notbehausungen stehen, verwandeln sich am Montagabend binnen kürzester Zeit in Schlammseen. Das Wasser unterspült die Zelte, dringt durch Ritzen, durchweicht die Böden. Einige versuchen mit bloßen Händen, Rinnen in den Boden zu graben, um die Fluten an ihren Zelten vorbeizuleiten.

"Sehen Sie, alles ist noch nass", sagt der 53-jährige Mohammed aus dem syrischen Aleppo am Dienstagmorgen und zeigt auf das Innere der drei Zelte, die er und seine Familie bewohnen. Der gelernte Dreher floh mit seiner Frau und den sechs Kindern im Alter zwischen elf und 25 Jahren vor dem Krieg in seiner Heimatstadt. "Es war eine schreckliche Nacht, wir froren und konnten kaum ein Auge zudrücken", berichtet Mohammed. Seine Frau Nedije hustet und klagt über Halsweh. Kleidung und Decken hat die Familie zum Trocknen über die Zelte gelegt.

Viele Kinder sind krank

Aus vielen Zelten dringt am Dienstagmorgen das Husten von Kindern. Das Problem in Idomeni: Das Lager unmittelbar an der Grenze zu Mazedonien war ursprünglich als Übergangsstation gedacht. In den wetterfesten Großzelten des UN-Hilfswerks UNHCR haben 2400 Menschen Platz. Doch Mazedonien lässt seit zwei Wochen nur sehr wenige Flüchtlinge durch, seit Montag gar keine mehr. Aber ständig kommen Asylsuchende nach, die Griechenland über die östliche Ägäis erreicht haben. Die Neuankömmlinge haben keine andere Wahl, als ihre Zelte auf den Wiesen und Feldern vor dem eigentlichen Lager aufzuschlagen.

Das Unwetter am Vorabend habe wieder einmal daran erinnert, dass "wir es hier mit menschlichen Wesen zu tun haben", erklärt der UNHCR-Sprecher in Idomeni, Babar Baloch. "Diese Flüchtlinge mögen robust wirken, aber so etwas fordert von ihnen einen hohen Preis, in Hinsicht auf ihre Gesundheit und Hygiene, besonders bei den Kindern." Die Menschen, die hier allen Widrigkeiten zum Trotz ausharren, hofften immer noch, dass sich das Grenztor nach Mazedonien - und damit nach Europa - öffnet. "Aber niemand teilt ihnen mit, was Sache ist, womit sie zu rechnen haben."

Auch der EU-Gipfel, der in der Nacht zum Dienstag zu Ende ging, bringt keine Klarheit. Wie an den Tagen zuvor sitzen am Morgen wieder hunderte Menschen vor dem Grenztor. Es sind diejenigen, die am 18. Februar in Idomeni angekommen sind und nach dem geltenden Vormerk-System nun als nächste dran wären, um durch das Grenztor zu gehen. Doch bis zum Mittag öffnet es sich nicht.

Auch der junge Architekt Ghassan (24) aus der syrischen Hauptstadt Damaskus geht wieder einmal zum Grenztor. "Ich bin am 21. Februar hier angekommen, vor mir sind noch 2000 Menschen." Er will sehen, ob sich der Durchgang nicht doch wieder ein wenig öffnet. Wenn Mazedonien wie noch unlängst 200 bis 250 Flüchtlinge am Tag durchließe, dann wäre er in acht bis zehn Tagen dran. Dann könnte er seine Reise nach Schweden fortsetzen, wo ihn Eltern und Geschwister erwarten. Sie waren zu Beginn des syrischen Bürgerkriegs unter einfacheren Bedingungen geflohen und haben Asyl erhalten.

Für Ghassan hingegen schwindet die Aussicht, es ihnen nachtun zu können. Und zu den Flüchtlingen in Idomeni sprechen sich Feinheiten der Gipfel-Rhetorik nicht durch. Viele glauben sogar, das Treffen in Brüssel solle darauf hinauslaufen, die Grenzen nach Europa wieder völlig zu öffnen. "Was ist beschlossen worden?", so lautet am Dienstag die tausendfach gestellte bange Frage.

(felt/märz/dpa)
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