Reformen nach Brexit Länder der Eurozone sollen stärker angeglichen werden

Brüssel/Berlin · Die EU-Kommission von Präsident Jean-Claude Juncker hat Ideen zur Stärkung der Euro-Zone vorgelegt, deren Umsetzung sie nicht mehr erleben wird. Die Pläne sollen eine weitere Eurokrise verhindern und die Länder einander stärker angleichen.

 EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (Archivbild).

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (Archivbild).

Foto: afp, TC

Sie stellte am Mittwoch in einem 30-seitigem Papier verschiedene Optionen vor, die unter anderem die Bündelung von Staatsanleihen, die Schaffung eines Euro-Finanzministers und eines Fonds für schlechte Konjunkturphasen enthalten. Die Reformen sollen nach dem EU-Austritt Großbritanniens 2019 vorangetrieben werden - im Herbst des gleichen Jahrs tritt die neue EU-Kommission ihr Amt an.

Juncker hat bereits seinen Verzicht auf eine zweite Amtszeit erklärt. Das Bundesfinanzministerium betonte erneut, dass Deutschland eine Vergemeinschaftung der Schulden in Form von Eurobonds ablehne. Die Brüsseler Behörde strebt eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion nach dem Brexit innerhalb von sechs Jahren an und sieht darin nicht zuletzt einen Beitrag gegen rechtspopulistische und EU-feindliche Strömungen.

Zudem sollen die Verhältnisse in den 19 Euro-Staaten und den verbleibenden 27 EU-Ländern stärker aneinander angeglichen werden. Konkrete Vorschläge sind in dem Papier nicht enthalten, um möglichen Ideen der Euro-Schwergewichte Deutschland und Frankreich nicht vorzugreifen. Im Auftrag der beiden beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit der Reform der Währungsunion. Viele Optionen - etwa ein Finanzminister für die Euro-Zone mit einem eigenen Haushalt oder für die gesamte EU - würden Vertragsänderungen erforderlich machen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich offen dafür gezeigt, während sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zuletzt skeptisch äußerte. Denn in vielen Staaten, darunter Frankreich, wären Volksabstimmungen nötig, die nach den Erfahrungen mit dem Brexit-Referendum oder der gescheiterten EU-Verfassung als riskant gelten.

Das Bundesfinanzministerium betonte, zunächst müssten bestehende Regeln umgesetzt werden und die Mitgliedsländer Reformen angehen sowie Schulden abbauen. Auf das in Deutschland kontrovers diskutierte Thema von gemeinsamen Schuldtiteln (Eurobonds) ging die EU-Kommission in ihrem Papier nur kurz ein und hob hervor, dass damit rechtliche, politische und institutionelle Fragen verbunden seien.

Sie warb zugleich für Wertpapiere, die mit nationalen Staatsanleihen (Sovereign Bond-Backed Securities, SBBS) besichert sind. Damit könne das Problem der Verflechtung zwischen bestimmten Banken und ihren Heimatländern angegangen werden. Vor allem in Italien halten Geldhäuser besonders viele Staatsanleihen ihres Landes, was beide Seiten anfällig für Krisen im Finanzsektor als auch im staatlichen Bereich macht. Die SBBS wären nach Darstellung der EU-Kommission keine Vergemeinschaftung der Schulden. Die Ratingagentur Standard & Poor's wies allerdings bereits darauf hin, dass sie derartige Papiere wohl nicht mit der Top-Bonität "AAA", sondern schlechter bewerten würde.

Der EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU) kritisierte, dass die EU-Kommission die Reformen bis 2025 auf den Weg gebracht sehen will. "Einfach ein Zieldatum für die Vertiefung festzulegen, ist definitiv der falsche Weg. Man kann mehr wirtschafts- und finanzpolitische Konvergenz nicht mit der Brechstange erzwingen." Die EU-Kommission sprach sich auch dafür aus, das Europäische Einlagensicherungssystem Edis zwischen 2020 und 2025 einzuführen sowie die Risiko-Bewertung von Staatsanleihen in Bankbilanzen zu ändern.

Zudem könne nach dem Brexit die Gruppe der Euro-Finanzminister einen hauptamtlichen Vorsitzenden erhalten und ein "Schatzamt" für den Euro-Raum geschaffen werden. Auch der Umbau des Euro-Rettungsschirms ESM in einen Europäischen Währungsfonds, wie ihn Schäuble und Macron befürworten, könnte nach den Vorstellungen der Kommission dann Wirklichkeit werden.

(isw/REU)
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