EU-Türkei-Gipfel Türkei nimmt Flüchtlinge aus Griechenland zurück

Brüssel · Bevor sich die Chefs der EU am Montag mit dem türkischen Regierungschef treffen, zeichnet sich bereits eine erste Annäherung der Gesprächspartner in der Flüchtlingspolitik ab. Die Türkei ist offenbar bereit, Migranten ohne Anspruch auf Asyl aufzunehmen.

EU-Türkei-Gipfel: Türkei nimmt Flüchtlinge aus Griechenland zurück
Foto: dpa, cz bjw lof

Damit will die Türkei die Europäer entlasten. Um konkrete Zahlen sei es in Vorgesprächen zwischen EU-Spitzenvertretern und der Regierung in Ankara aber nicht gegangen, hieß es am Samstag in Brüssel.

Die EU-Chefs treffen sich am Montag mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu. In einem Brief an die EU-Staats- und Regierungschefs äußerte sich EU-Ratschef Donald Tusk vorsichtig optimistisch.
Erstmals seit Beginn der Krise könne er einen Konsens erkennen.

EU-Ratschef hatte Migranten gewarnt, nach Europa zu kommen

Der liberalkonservative Pole hatte zuvor bereits potenziell illegale Wirtschaftsmigranten gewarnt, nicht nach Europa zu kommen. Mit Blick auf die Rücksendung von Flüchtlingen von Griechenland in die Türkei schrieb Tusk am Freitag an die EU-Chefs: "Der politische Wille ist da, aber es gibt eine logistische Herausforderung, bei der wir Griechenland helfen müssen."

Es geht dabei um Migranten, die keinen Anspruch auf internationalen Schutz haben oder nicht in dem südosteuropäischen Land bleiben wollen. Derzeit hängen Zehntausende Flüchtlinge wegen der Schließung der Balkanroute in Griechenland fest.

Türkei hatte vergangene Woche hunderte Migranten zurückgenommen

Tusk war am Donnerstag in Ankara mit Davutoglu zusammengekommen. Dabei habe ihm der türkische Ministerpräsident zugesichert, alle Migranten zurückzunehmen, die in türkischen Hoheitsgewässern aufgegriffen wurden, so Tusk. In der vergangenen Woche hatte die Türkei erstmals seit langer Zeit mehrere Hundert Migranten aus dem Nachbarland zurückgenommen.

Die humanitäre Lage in Griechenland bleibt dennoch schwierig. Das Land formulierte vor dem Gipfel deshalb klare Forderungen an die europäischen Partner: Regierungschef Alexis Tsipras und die wichtigsten Parteien des Landes bestehen auf einer Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Länder. Mitgliedstaaten, die sich nicht an die Vereinbarungen halten, sollten bestraft werden.

Bundesregierung will keine Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen

Die Bundesregierung hat derweil angekündigt, vorerst keine der in Griechenland gestrandeten Zehntausenden Migranten in Deutschland aufnehmen zu wollen. Griechenland sei angesichts der weitgehend gesperrten Balkanroute in einer schwierigen, aber lösbaren Situation, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU). In Griechenland mit seinen elf Millionen Einwohnern seien jetzt etwa 25 000 Flüchtlinge. Deutschland und andere EU-Staaten hätten pro Kopf aber viel mehr Asylsuchende im Land. "Die Politik des Durchwinkens ist jetzt vorbei und muss vorbei bleiben", betonte er.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht Athen in der Pflicht. Eigentlich habe Griechenland in der EU zugesagt, bis Ende 2015 rund 50 000 Unterbringungsplätze zu schaffen. "Der Rückstand muss jetzt in Windeseile aufgeholt werden, denn die griechische Regierung muss für menschenwürdige Unterkunft sorgen", sagte sie der "Bild am Sonntag". Sie betonte zugleich, dass dafür Unterstützung der EU-Partner nötig sei.

Polizei stürmte am Freitag türkische Zeitung

Vor dem Gipfel gab es erneut Irritation über den Kurs türkischer Behörden: Die Polizei stürmte am Freitagabend das Redaktionsgebäude der oppositionellen Zeitung "Zaman". Gegen Demonstranten gingen die Polizisten mit Tränengas und Wasserwerfern vor, wie die Zeitung in ihrer englischen Ausgabe online berichtete.

Der SPD-Europapolitiker Ismail Ertug forderte die EU-Partner auf, diese Repressionen beim Gipfel klar und deutlich anzusprechen. "Es kann nicht sein, dass allein über die Flüchtlingsfrage verhandelt wird, während das Erdogan-Regime Teile der türkischen Verfassung außer Kraft setzt", teilte der EU-Abgeordnete am Samstag mit. Die Türkei geht seit Dezember auch in einer Großoffensive gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK vor.

Unter den 28 EU-Staaten zeichnet sich ab, dass Griechenland schnell geholfen wird, um einen humanitären Notstand abzuwenden. Die EU-Kommission hatte am Mittwoch eine Nothilfe von 700 Millionen Euro vorgeschlagen. Diese hat nichts zu tun mit dem Rettungsprogramm von bis zu 86 Milliarden Euro, das im vergangenen Jahr zur Verhindern einer Staatspleite in Athen aufgelegt wurde.Auch ein Papier der EU-Kommission zur Bewahrung des Schengen-Systems für den passfreien Reiseverkehr wurde im Kreis der Mitgliedsländer positiv aufgenommen.

(kl/dpa)
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