Bundespräsident trifft türkischen Journalisten Gauck macht sich Sorgen über Pressefreiheit in der Türkei

Berlin · Es war ein deutliches Signal: Der Bundespräsident lädt den in seiner Heimat verfolgten türkischen Journalisten Dündar ins Schloss Bellevue ein. Damit findet Gaucks Kritik an Präsident Erdogan eine demonstrative Fortsetzung.

 Bundespräsident Gauck (re.) trifft im Schloss Bellevue den türkischen Journalisten Can Dündar.

Bundespräsident Gauck (re.) trifft im Schloss Bellevue den türkischen Journalisten Can Dündar.

Foto: dpa, wk fdt

Bundespräsident Joachim Gauck hat bei einem Treffen mit dem Journalisten Can Dündar "erhebliche Sorge" über die Entwicklung von Rechtsstaat und Pressefreiheit in der Türkei zum Ausdruck gebracht. Die Einladung an den in seiner Heimat zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilten ehemaligen Chefredakteur der Tageszeitung "Cumhuriyet" sei Zeichen des Respekts für Dündars Engagement, sagte Gauck nach Angaben von Teilnehmern.

Bei dem 90-minütigen Gespräch am Montag im Schloss Bellevue kritisierte Dündar demnach die europäische Politik gegenüber Ankara. Europa habe es nicht geschafft, der Türkei eine Alternative zum System des autokratischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan aufzuzeigen.

Dündar zeichnete bei der Unterredung ein "düsteres, aber auch differenziertes Bild" der aktuellen Türkei, hieß es nach dem Gespräch. Ein großer Teil der Gesellschaft wolle eine moderne Türkei, betonte er. Diese Türkei brauche Unterstützung. Ausdrücklich dankte der Journalist für die Einladung Gaucks und die Kritik von Kanzlerin Angela Merkel, die jüngste Verhaftungen von Journalisten in der Türkei als alarmierend bezeichnet hatte.

Dündar hatte der Bundesregierung kürzlich vorgehalten, zu zögerlich auf die jüngsten Verhaftungen von Journalisten in der Türkei zu reagieren. Der Journalist hatte sich nach einer Verurteilung wegen Geheimnisverrats nach Deutschland abgesetzt. Gauck betonte, Dündar sei in Deutschland als Gast willkommen.

Der Geschäftsführer der Organisation Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, der bei dem Treffen dabei war, sprach anschließend von einem "wertvollen Zeichen der Solidarität" mit den vielen in der Türkei verfolgten Journalisten. Jetzt sei aber auch konkrete Unterstützung notwendig - zum Beispiel durch unbürokratische Nothilfe-Visa für akut bedrohte Journalisten.

Gauck hatte das repressive Vorgehen des türkischen Präsidenten gegen Journalisten und Oppositionelle vor einigen Tagen bereits deutlich kritisiert. "Was ich derzeit in der Türkei beobachte, bestürzt mich", sagte er dem "Spiegel". Schon bei seinem Türkei-Besuch im April 2014 hatte Gauck von Demokratie-Defiziten in dem Nato-Land gesprochen und damit heftige Reaktionen Erdogans ausgelöst.

(heif/dpa)
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