Briten wählen den Brexit Land siegt über Stadt, Alt siegt über Jung

Düsseldorf · England und Wales stimmten für den Brexit, Schottland und Nordirland dagegen – das Vereinigte Königreich ist auch geografisch gespalten. Die mehrheitlich europafreundlichen Metropolen haben das Austrittsvotum nicht verhindern können.

 Junge Briten wollten eher in der EU bleiben.

Junge Briten wollten eher in der EU bleiben.

Foto: afp

England und Wales stimmten für den Brexit, Schottland und Nordirland dagegen — das Vereinigte Königreich ist auch geografisch gespalten. Die mehrheitlich europafreundlichen Metropolen haben das Austrittsvotum nicht verhindern können.

Der Nordwesten gelb, der Südosten blau: Das waren die farblichen Machtverhältnisse, als die BBC am frühen Morgen ein Wahlkreis-Ergebnis nach dem anderen vermeldete. Großbritannien ist nicht nur gespalten, weil etwas mehr als die Hälfte für den EU-Austritt und etwas weniger als die Hälfte dagegen ist — der Riss geht auch geografisch mitten durch das Vereinigte Königreich. Grob gesagt ist das Ergebnis: England und Wales wollen raus, Schottland und Nordirland wollen drinbleiben.

Am entschiedensten proeuropäisch sind die Schotten, von denen 62 Prozent für "Remain" stimmten. Kein einziger der schottischen Wahlbezirke hat mehrheitlich für den Brexit votiert. In Nordirland waren 55,8 Prozent für den Verbleib in der EU. In den Bezirken an der Grenze zu Irland, demnächst einer EU-Außengrenze mit allen bürokratischen Konsequenzen, erreichten die "Remainers" Werte bis zu 78 Prozent.

Dagegen lagen die "Brexiteers" in Wales mit 52,5 Prozent und in England mit 53,4 Prozent vorn. 72 Prozent der wahlberechtigten Briten haben abgestimmt — sechs Prozentpunkte mehr als bei der Unterhauswahl im vergangenen Jahr, aber kein herausragender Wert angesichts der Tragweite der Entscheidung.

Infografik: Die Briten verlassen die EU | Statista
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Ein näherer Blick nach England offenbart die Gründe für das Debakel der Brexit-Gegner: Der Landesteil mit der höchsten Zustimmung zum Brexit hatte mit 73 Prozent auch die höchste Wahlbeteiligung. Offensichtlich haben die EU-Anhänger es nicht geschafft, ihre Klientel in ausreichender Zahl an die Urnen zu bringen. Newcastle upon Tyne, die alte Industriemetropole im Norden Englands, galt zum Beispiel als sicherer "Remain"-Wahlkreis. Die Brexit-Gegner haben hier auch tatsächlich gesiegt — aber nur hauchdünn mit 50,7 zu 49,3 Prozent. Und die Wahlbeteiligung war unterdurchschnittlich. Noch krasser ist das Bild in Birmingham: Hier lagen überraschend die Brexit-Befürworter knapp vorn, während weniger als 64 Prozent überhaupt abstimmten.

Die Metropole London, in der rund 60 Prozent für die EU votierten — hier, am größten Finanzplatz Europas, dürften die Jobsorgen nach dem Referendum am größten sein —, konnte die Sache der Brexit-Gegner am Ende nicht retten. Der englische Teil des britischen EU-Referendums war nicht zuletzt ein Sieg des Landes über die Städte. Liverpool, Leeds, Bristol, Manchester, Leicester: alle für "Remain". Nur Birmingham und Sheffield tanzen aus der Reihe. Hochburg der "Brexiteers" ist Ostengland zwischen Norwich und York mit Werten für den Austritt teils weit jenseits der 70 Prozent.

Das Brexit-Votum ist auch ein Sieg der Älteren über die Jüngeren. Dazu lagen zwar am Freitag keine Abstimmungsdaten vor, aber Umfragen zeigen das deutlich: 73 Prozent der 18- bis 29-Jährigen haben sich zum Beispiel bei Yougov für den Verbleib in der EU ausgesprochen (sie müssen auch am längsten mit der Entscheidung leben), während 63 Prozent der über 60-Jährigen den Brexit wollten. Bei 43 Jahren liegt demnach die Wasserscheide: Die Älteren wollen mehrheitlich raus aus der EU, die Jüngeren mehrheitlich drinbleiben.

(fvo)
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