Flüchtlingszahlen Letzte Chance für EU-Mission der Kanzlerin

Berlin · In der Flüchtlingskrise läuft ein Countdown. Europa gibt sich noch bis zum Gipfel am 7. März Zeit, um die Flüchtlingskrise in der bisherigen Form zu managen. Bislang lassen die Partner Merkel aber im Regen stehen. Die Kanzlerin hat noch eine letzte Chance.

 Unter Druck: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Unter Druck: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Foto: afp, ab

Es ist ja durchaus lobenswert und nachvollziehbar, dass die deutsche Bundeskanzlerin bis zuletzt an einer europäischen Lösung festhält und das von allen Seiten unterstützte Ziel der Reduzierung der Flüchtlingszahlen in einer konzertierten Aktion in der EU erreichen will.

Nur: Es wäre schön, wenn Europa bei einer europäischen Lösung auch mitmacht. Bisher ist das nicht der Fall. Länder wie Polen, Ungarn und Serbien waren von Anfang an nicht gewillt, eine gemeinsame Lösung zu finden. Schließlich brachen die vermeintlichen Partner Schweden, das zahlungsunwillige Italien und teilweise auch das bei Migrationsfragen leidgeprüfte Frankreich aus der Koalition der Willigen aus. Man kann im Einzelnen die Argumente der Länder respektieren. Nur muss die deutsche Regierungschefin entweder eine Idee haben, wie die Mitgliedsstaaten doch überzeugt werden können, oder einen Alternativplan, wie die Flüchtlingszahlen auch ohne die Hilfe der Nachbarstaaten sinken.

Einseitige Aktion Mazedoniens

Zunächst kann sich Merkel beim Nicht-EU-Staat Mazedonien bedanken, dass derzeit nur etwa 30 bis 50 Flüchtlinge die bayerisch-österreichische Grenze passieren. Die Mazedonier haben mit tatkräftiger Unterstützung der übrigen Balkanstaaten in einer einseitigen Aktion die Grenze zu Griechenland geschlossen. Knapp 30.000 Flüchtlinge harren nun in Griechenland aus. Die Balkanroute wurde de facto abgeriegelt. Auch weil Österreich eine Obergrenze festgelegt hat und diese durchsetzen will.

Eine dauerhafte Lösung können die heruntergelassenen Schlagbäume in Europa aber nicht sein. Seit den Studien des britischen Nationalökonomen David Ricardo weiß man, dass grenzenloser Handel Wohlstand für alle beteiligten Länder schafft. Die Abschottungspolitik ist eine wirtschaftsfeindliche Politik.

Marineschiffe gegen Schlepper

Auch deswegen muss man der Bundeskanzlerin für ihren EU-Gipfel am 7. März ein gutes Händchen wünschen. Sollte die EU einen belastbaren Vertrag mit der Türkei schließen, der eine wirksame Kontrolle und Sicherung der Ägäis zur Folge hat, könnte die Attraktivität der Fluchtroute Türkei-Osteuropa-Deutschland spürbar sinken. Der Nato-Einsatz vor der türkischen Grenze ist ein erster Erfolg Merkels.

Mit ihrer Aufklärungstechnik können die Marineschiffe die ablegenden Schlauchboote aufspüren und den Schleppern so das Handwerk deutlich erschweren. Wenn die EU es dann noch schafft, funktionierende Hotspots in Griechenland zu installieren, den Syrien-Anrainerstaaten beim Bau von humanen Flüchtlingsunterkünften zu helfen, könnte die Krise einen Wendepunkt erfahren. Könnte.

(brö)
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