TV-Ansprache vor Referendum Tsipras: "Nein" bedeutet nicht Austritt aus der Eurozone

Athen · Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat in einer Fernsehansprache erneut für ein "Nein" beim Referendum geworben. Gegen die Sparauflagen zu stimmen, bedeute nicht, aus dem Euro ausscheiden zu müssen. Die Geldgeber bewerten das anders.

 In seinen Fernsehansprachen zeigt sich Premier Tsipras kämpferisch.

In seinen Fernsehansprachen zeigt sich Premier Tsipras kämpferisch.

Foto: ap

Griechenlands Regierungschef Alexis Tspiras sieht in dem Referendum zum Sparkurs seines Landes keine Entscheidung über einen Abschied aus der Eurozone. Bei der Volksabstimmung am Sonntag gehe es vielmehr um die Frage, ob sein Volk weiter verarme und verelende, sagte Tsipras am Freitag in einer Fernsehansprache.

Die Griechen würden am Sonntag ihre Zukunft in die "eigene Hand nehmen" und gegen die Sparprogramme der Gläubiger stimmen. "Ein Nein bedeutet nicht den Abbruch, sondern die Fortsetzung der Verhandlungen", versicherte Tsipras seinen Landsleuten. Dagegen warnen EU-Diplomaten, nach einem "Nein" der Griechen zur Sparpolitik drohe der "Grexit", also der Austritt Griechenlands aus dem Eurogebiet. Tsipras will dies nach eigenem Bekunden nicht.

Tsipras blieb bei seinen schweren Vorwürfen gegen die Geldgeber. "Am Sonntag wird entschieden, ob wir unter dem Druck einer Erpressung die Fortsetzung der Sackgassen-Politik akzeptieren werden." Das griechische Volk müsse mit Entschlossenheit die Verhandlungskraft der Regierung stärken und damit der Sparpolitik ein Ende bereiten. "Ich rufe Euch auf, mit "Nein" gegen die Spaltung und die Angstpropaganda zu stimmen", sagte Tsipras.

Die Volksabstimmung über den künftigen Spar- und Reformkurs spielt eine Schlüsselrolle im griechischen Schuldendrama. Bei dem Referendum sollen die Griechen sagen, ob sie Forderungen der Gläubiger zustimmen oder sie ablehnen. Das Hilfspaket, zu dem diese Bedingungen gehören, ist allerdings am 30. Juni ausgelaufen und damit überholt. Dennoch gilt der Ausgang des Referendums als wichtiges Signal in der Frage, wie das Land weitere dringend benötigte Finanzhilfen erhalten könnte.

Tsipras' Finanzminister Gianis Varoufakis beteuerte, wie nahe die griechische Regierung und die Geldgeber - der IWF, die Europäische Zentralbank und die Europäische Union - einer Einigung seien. Es gehe jetzt nur noch um eine Minderung der bisherigen Schuldenlast, und ein "Nein"-Votum am Sonntag könne den Deal perfekt machen, sagte er dem Radiosender RTE.

Der IWF hatte am Donnerstag eine neue Analyse vorgelegt, wonach Griechenland bis 2018 noch einmal 50 Milliarden Euro sowie Erleichterungen bei seinen Altschulden brauche. Die Kreditgeber müssten Griechenland verbilligte Zinsraten und mehr Zeit zur Rückzahlung zugestehen, heißt es in der Analyse.

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Derweil hat der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, den Kurs von Ministerpräsident Alexis Tsipras heftig attackiert. "Tsipras ist unberechenbar und manipuliert die Menschen in Griechenland, das hat fast demagogische Züge", sagte Schulz in einem Interview des "Handelsblattes". Tsipras versuche zudem, die Schuld für das Scheitern der Verhandlungen den Geldgebern zuzuschieben. "Jetzt gibt es eigentlich keine Gesprächsgrundlage mehr."

Schulz appellierte an die Griechen, am Sonntag mit "Ja" zu stimmen und damit Spar- und Reformforderungen der Geldgeber zu billigen. "Damit würde das Volk der Regierung die Rote Karte zeigen", sagte der Sozialdemokrat. "Dann muss Tsipras die Konsequenzen ziehen und meiner Meinung nach zurücktreten."

In Griechenland findet am Sonntag eine Volksabstimmung über das weitere Vorgehen in der Schuldenkrise statt. Vom Ausgang hängt ab, ob und wie Athen und seine internationalen Gläubiger künftig über weitere Hilfen für das Krisenland beraten werden.

Das bisherige Hilfsprogramm der Geldgeber lief zum Monatswechsel aus. Am Freitag erklärte der Euro-Rettungsfonds EFSF das Land für insolvent. Bereits zuvor war Griechenland beim Internationalen Währungsfonds (IWF) in Zahlungsverzug geraten.

(AFP AP)
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