Flüchtlingspolitik Ärzte ohne Grenzen verzichten aus Protest auf EU-Gelder

Brüssel · Es geht um viel Geld: Im vergangenen Jahr erhielt die Hilfsorganisation noch rund 46 Millionen Euro von der EU. Darauf will sie nun verzichten - aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik.

 Generalsekretär Jérôme Oberreit erklärte den Schritt seiner Organisation

Generalsekretär Jérôme Oberreit erklärte den Schritt seiner Organisation

Foto: dpa, h0 bm

"Wir werden keine Finanzmittel der EU und ihrer Mitgliedstaaten mehr beantragen", sagte Generalsekretär Jérôme Oberreit. 2015 hatte die Organisation von der EU rund 46 Millionen Euro bekommen, das sind rund acht Prozent ihres Gesamtbudgets.

Der Flüchtlingspakt mit der Türkei sei die letzte in einer ganzen Reihe politischer Entscheidungen, die den Werten und Prinzipien von Ärzte ohne Grenzen (MSF) widersprächen, sagte Oberreit. Allerdings habe es auch innerhalb der Organisation eine hitzige Debatte gegeben, ob man zu einem solch radikalen Schritt greifen solle. Der Einsatz der Ärzte in Griechenland und der Türkei solle fortgesetzt, aber aus anderen Quellen finanziert werden, sagte der Generalsekretär.

Die EU-Kommission, die vergangenes Jahr 15 Millionen Euro zum MSF-Budget beigetragen hatte, erklärte, die Organisation habe keine Gelder für den Einsatz in der Türkei beantragt. Deshalb sei dieser nicht betroffen. Kommissionssprecher Margaritis Schinas sagte, dass die Entscheidung keine Auswirkung auf laufende Projekte von EU und MSF haben werde. Auch die Hilfsorganisation betonte, dass sie diese weiter abwickeln wolle, dass sie aber für keine zukünftigen Projekte - egal wo auf der Welt - Anträge stellen werde.

Der belgische Entwicklungsminister Alexander De Croo sagte, sein Land habe immer gut mit MSF zusammengearbeitet, sei es bei der Krise in Syrien oder der Ebola-Epidemie in Westafrika. "Ich hoffe, dass im Interesse von Millionen hilfsbedürftigen Menschen bald wieder eine konstruktive Zusammenarbeit möglich sein wird", sagte De Croo, dessen Land jedes Jahr fünf Millionen Euro an MSF zahlt. "Es ist bedauerlich. Die Arbeit von MSF macht einen großen Unterschied", sagte auch die schwedische Außenministerin Margot Wallström.

Mehrere Hilfsorganisationen - unter ihnen auch MSF und UN - hatten rechtliche und moralische Bedenken gegen das Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei geäußert. Dieses sieht einen Rücktransport illegal nach Griechenland eingereister Flüchtlinge in die Türkei vor. Im Gegenzug willigte die EU ein, syrische Flüchtlinge direkt aus der Türkei aufzunehmen. Drei Millionen von ihnen leben dort, allerdings nur zehn Prozent in Flüchtlingsunterkünften der Regierung.

(crwo/ap)
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