Bonn EKD diskutiert Probemitgliedschaft

Bonn · Die evangelische Kirche sucht in Bonn nach Wegen, attraktiver zu werden.

Mehr "Umsonst und draußen"-Veranstaltungen, kürzere und professioneller gestaltete Gottesdienste, mehr Jugendarbeit in der Schule und in der Freizeit, außerdem zu bestimmten Anlässen Kooperationen mit Museen, Theatern und anderen kulturellen Institutionen, weniger kirchliche Institution, mehr Bewegung: Diese Lehren zieht die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bislang aus dem zurückliegenden Reformationsjubiläum. Noch bis morgen diskutieren in Bonn rund 120 evangelische Kirchenvertreter aus ganz Deutschland über die Frage, wie sie ihre Kirche über 2017 hinaus in einer zunehmend säkularen Gesellschaft gestalten wollen.

Die Kirche soll emotionaler, jünger und flexibler werden - und unverbindlicher. Zur neuen Flexibilität passt der (wiederkehrende) Vorschlag, die Kirchenmitgliedschaft aufzulockern. Klaus Eberl, der Vizepräses der Synode, sprach gestern am Rande von einer gestuften Mitgliedschaft ähnlich einer Probemitgliedschaft oder einer Mitgliedschaft "light". Allerdings müsse man gleichzeitig über die Kirchensteuer sprechen und damit über die Finanzierung der kirchlichen Arbeit, fügte Eberl hinzu.

Das Präsidium der Synode hatte vorher ein Zukunftspapier erarbeitet. Darin stehen mehr als 20 Fragen, unter anderem auch zu neuen Gemeindeformen und kirchlichen Orten und dazu, wie man mehr Menschen aus unterschiedlichen Milieus erreicht. Manch ein Synodaler lobte lieber das gelungene Reformationsjubiläum oder sprach über geschlechtergerechte Sprache im Papier als über die Inhalte.

Dafür hatte die Synode externe Redner eingeladen - unter anderem den Münsteraner Religionssoziologen Detlef Pollack. Der machte eines klar: "Die Kirche ist schon lange nicht mehr Herrin ihres Schicksals." Sie habe keinen Einfluss auf die säkularen Prozesse in der Gesellschaft. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm brachte es am Rande der Tagung deutlich auf den Punkt: "Das Reformationsjubiläum kann einen gesellschaftlichen Megatrend nicht umkehren."

Auch wenn auf der Synode an vielen Stellen Euphorie über das Jubiläumsfest herrscht - über die Bilanz in Zahlen wurde auch kritisch diskutiert. 6,5 Millionen Euro mehr muss die EKD nachträglich dem Verein "Reformationsjubiläum 2017" zuschießen. Der Verein hatte etwa die Weltausstellung konzipiert, die mit 294.000 Besuchern hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. 30 Millionen Euro hatte die EKD bereits investiert. Als Gründe für die Kostensteigerung um bis zu ein Drittel nannte Ratsmitglied Andreas Barner schärfere Sicherheitsvorkehrungen sowie ausgebliebene Einnahmen und Sponsorengelder wegen der geringeren Besucherzahlen.

Für 2018 kalkuliert die EKD mit Kosten von zwei Millionen Euro für die Abwicklung des Jubiläums. Zusätzlich steht eine Reserve von 3,5 Millionen Euro im Haushalt der EKD. Barner nannte die Kosten eine "bewusste Investition in die Sichtbarmachung der Kirche".

(heif)
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