Washington Trumps Drahtseilakt mit China und Nordkorea

Washington · Wilbur Ross greift tief in die Schublade der Geschichte, um zu rechtfertigen, dass die USA die Handelspraktiken Chinas untersuchen. In einem Essay zitiert der Handelsminister den großen Abraham Lincoln, den Präsidenten, der die Spaltung der Republik verhinderte. "Das Patentsystem hat Öl ins Feuer unseres Genies gegossen", hat "Old Abe" einmal gesagt; der Spruch ziert den Eingang des nationalen Patentamts. Heute aber, schreibt Ross in der "Financial Times", sähen sich sowohl das amerikanische Patentsystem als auch amerikanisches Genie heftigen Attacken ausgesetzt. Und China sei der größte Übeltäter.

Ob die scharfe Rhetorik entsprechend harte politische Handlungen nach sich zieht, bleibt abzuwarten. Als Donald Trump am Montagabend ein Dekret unterzeichnete, das seinen Handelsbeauftragen Robert Lighthizer anweist, die Methoden Chinas unter die Lupe zu nehmen, begleitete er den formellen Akt mit Tönen, die an seinen populistischen Wahlkampf erinnerten. Zu lange habe die politische Klasse Washingtons weggeschaut, während der Diebstahl geistigen Eigentums Amerika Jahr für Jahr Millionen von Jobs und Milliarden an Dollars koste, wetterte der Präsident. "Doch Washington wird die Augen nicht länger verschließen." Ist es der Auftakt zu einem Handelskrieg?

Das Weiße Haus droht die handelspolitischen Daumenschrauben ausgerechnet in einer Zeit anzuziehen, in der es China dringend als Partner braucht, um den Konflikt um die nordkoreanischen Atomwaffen zu lösen oder zumindest zu entschärfen. Interessanterweise betonen hohe Regierungsbeamte in Gesprächen mit Journalisten, dass es bis zu einem Jahr dauern kann, ehe Konkretes beschlossen wird. Wenn dies geschehe, dann erst nach Konsultationen mit China.

Doch wenn Trump den Streit eskalieren lässt, irgendwann Zölle auf chinesische Waren erhebt, könnte der Respekt für das auf Regeln basierende System der Welthandelsorganisation erodieren, warnt das "Wall Street Journal". Zudem könnte Peking seine Position als wichtigster Wirtschaftspartner ostasiatischer Nationen nutzen, um Washington in der Region an den Rand zu drängen. Der amerikanische Asienhandel, auch mit geopolitischen Verbündeten wie Japan oder Südkorea, würde Schaden nehmen. Ergo hätten die USA ein ausgeprägtes Interesse am Erhalt jener regelbasierten Strukturen, die sie mit aufgebaut haben, schreibt das Blatt.

(RP)
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