Persönlich Dieter Kempf . . . löst Ulrich Grillo als Industriechef ab

Eigentlich war Dieter Kempf schon auf dem Weg in den Ruhestand. Nach 20 Jahren auf dem Chefposten des fränkischen IT-Dienstleisters Datev wollte sich der 63-Jährige ins aktive Privatleben zurückziehen. Doch dann kam vor etwa einem Jahr der Anruf von Ulrich Grillo, dem scheidenden Präsidenten des mächtigen Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Ob er sein Nachfolger werden wolle, fragte Grillo den bisherigen BDI-Vizepräsidenten Kempf. Der erbat sich ein paar Tage Bedenkzeit. Er habe sich geschmeichelt gefühlt, gab Kempf ehrlich zu, und auch ein wenig überrumpelt. Wenig später sagte Kempf zu.

Gestern nun wurde der Franke zum Chef des BDI gewählt, der gewichtigsten Lobby-Organisation der deutschen Wirtschaft. Der IT-Spezialist soll den Übergang von der "Old Economy" zur vollautomatisierten und digitalisierten Produktion voranbringen und moderieren. Er bringt dafür Eigenschaften mit, die ihm helfen werden: Der passionierte Skifahrer und Zigarrenraucher wirkt leutselig und verbindlich, nicht abgehoben-arrogant wie mancher Vorgänger. Er ist kein "Lautsprecher", aber er kann auch scharf sein. "Ich glaube, ich kann besonders gut zuhören", sagt Kempf über sich selbst. Aber er werde durchaus auch "bedarfsorientiert cholerisch", wenn es sein müsse.

Die deutsche Industrie steht unter wachsendem Druck, weil US-Konzerne wie Google und Apple versuchen, in etablierten Bereichen wie der Autoindustrie die Märkte zu erobern. Kempf hat als Chef des Telekommunikations-Branchenverbandes Bitkom diese Entwicklung schon von 2011 bis 2015 beobachtet und begleitet.

Der studierte Diplom-Kaufmann startete seine Karriere 1978 bei der Unternehmensberatung Ernst & Young, bevor er 1991 zur Nürnberger Datev wechselte, deren Jahresumsatz er verdoppelte. Kempf ist ein echter Selfmade-Man: Sein Studium finanzierte er mit einem Job bei McDonald's.

Birgit Marschall

(mar)
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