Berlin Die Sexismus-Debatte wühlt die CDU auf

Berlin · Die Veröffentlichung vertraulicher E-Mails macht CDU-Generalsekretär Peter Tauber zum Mittelpunkt der neuen Affäre.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hat ihre eigenen Methoden im Umgang mit Sexismus. In Wochen, in denen der Bundestag zusammenkommt, gibt sie Journalisten querbeet zu allen aktuellen Themen Auskunft. Gestern wurde sie mehrfach nach "Sexismus und Politik" sowie "Sexismus und Gesellschaft" gefragt. Hintergrund sind die Ende vergangener Woche bekannt geworden Vorwürfe über Sexismus in der Berliner CDU sowie angebliche Schreiben und E-Mails von CDU-Generalsekretär Peter Tauber in herablassendem Tonfall.

Hasselfeldt jedenfalls meint: "Das ist keine Debatte, die sich die CDU oder die Union besonders zu eigen machen muss." Dann erzählt sie eine Geschichte aus ihrer Jugend. Ihre Eltern hatten ein Wirtshaus, in dem sie bediente. Als ein betrunkener Gast sie "unsittlich" anfasste, habe sie ihm "links und rechts eine Ohrfeige gegeben". Ihre schnelle Reaktion habe "dauerhaft gewirkt", versicherte Hasselfeldt. Mit Blick auf die aktuellen Debatten sagte sie, man mache die Dinge nicht besser, "wenn man das immer wieder oder gar später aufwärmt".

Die beiden Fälle, um die es aktuell geht, sind sehr unterschiedlich gelagert. Beiden gemeinsam ist, dass die Verfehlungen oder auch nur vorgeworfenen Verfehlungen einer Person eng verknüpft sind mit parteiinternen Machtkämpfen. CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat mit beiden Fällen zu tun.

Die junge Berliner CDU-Politikerin Jenna Behrends wirft dem Berliner Innensenator und CDU-Landesvorsitzenden Frank Henkel Sexismus vor. Er habe sie "große süße Maus" genannt, und er soll ihr indirekt unterstellt haben, für ihr politisches Fortkommen eine sexuelle Beziehung zu unterhalten. Tauber gehörte zu den Ersten, die bestätigten, von Fällen wie diesen öfters zu hören. Er sagte auch, es sei wichtig, dass es die Debatte nun gebe.

Die Berliner CDU hat sich über den Fall Behrends in zwei Teile gespalten - auf der einen Seite jene, die zu Behrends halten und sie zu ihrem Mut beglückwünschen. Auf der anderen Seite stehen jene, die ihr in ihren politischen Ambitionen "Selbstüberschätzung" vorwerfen. Unter ihren Kritikern sind auch Leute, die Henkel lieber heute als morgen den Posten des Berliner CDU-Chefs räumen sähen.

Ein wichtige Randnotiz: Behrends und Tauber kennen sich ganz gut. Sie haben sich über Facebook kennengelernt. Die Art ihrer Beziehung beschrieb Tauber gegenüber der "Bild"-Zeitung: "Jenna Behrends und ich haben uns kennengelernt und auch geflirtet. Aber es war für mich recht schnell klar, dass es rein freundschaftlich bleibt."

Nun ist Henkel ein Vertreter der alten CDU. Sein Landesverband muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass junge Talente wenig Chancen auf einen raschen Aufstieg haben. Sein Landesverband ist in Teilen in der Vor-Merkel-Ära steckengeblieben. Im Beseitigen verkrusteter Strukturen wiederum hat CDU-General Tauber durchaus Übung. Sein forsches Vorgehen in seinem Heimatkreis könnte einen Teil seiner aktuellen Image-Probleme erklären. Als Landesvorsitzender der Jungen Union in Hessen trug er mit dazu bei, seinen mit 120.000 Euro verschuldeten Kreisverband zu sanieren. Heute ist die Untergliederung schuldenfrei.

Taubers Methoden seien aber nicht immer korrekt gewesen, sagen seine Gegner. In den vergangenen Tagen kamen gleich mehrere für ihn belastende Dokumente aus seiner Heimat an die Öffentlichkeit. Es könnte sich um eine gezielte Aktion handeln: Am 4. November will sich Tauber erneut von seinem Kreisverband für den Bundestag nominieren lassen. Dann braucht er den Rückhalt seiner Leute.

Der CDU-General bestreitet, dass er der Autor eines mittlerweile zehn Jahre alten Papiers unter dem Titel "Operation Kaninchenjagd" gewesen sei. In dem Papier ging es darum, eine Kreisgeschäftsführerin mit niederträchtigen und rechtswidrigen Mitteln loszuwerden.

Über einen Mailverkehr aus dem Jahr 2012, in dem sich Tauber und seine "Jungs" über die Karriereaussichten ihrer Parteifreundinnen auslassen, berichtete gestern die "Süddeutsche Zeitung". Demnach empfahl Taubers damaliger Bundestagsbüro-Mitarbeiter seinem Chef Katja Leikert als Nachwuchstalent. Der Helfer versah seine Empfehlung mit dem Hinweis: "Rein optisch wäre sie ein Gewinn." Die heute 41-Jährige zog dann tatsächlich in den Bundestag ein. Pointe der Geschichte: Der frühere Mitarbeiter Taubers arbeitet nun im Büro von Katja Leikert. Die CDU-Abgeordnete erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, sie finde die Aufregung "überzogen". Sie betonte ihr gutes Verhältnis zu Tauber: "Ich arbeite als Kreisvorsitzende der Frauen-Union mit Generalsekretär Peter Tauber gut zusammen und erfahre ehrliche Unterstützung."

(qua)
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