Die Rache Erdogans wirft die Türkei zurück

Sei hart im Kampf, aber maßvoll im Sieg. Diese uralte Regel steht auch im Selbstinteresse des Triumphators, wenn er seine Herrschaft stabilisieren will. Der türkische Präsident Erdogan beherzigt diese Regel nicht und züchtet damit langfristig eine erbitterte Opposition. Die mag jetzt noch schwach erscheinen, sie wird aber in den kommenden Jahren wachsen, wenn eine Versöhnung, wie jetzt zu befürchten ist, gänzlich ausbleibt.

Das augenfälligste Beispiel für die ungezügelte Rachsucht Erdogans ist die Diskussion um die Wiedereinführung der Todesstrafe. Hier spielt der türkische Präsident zwar virtuos mit der Erwartung seiner Anhänger. Aber er muss diese dann auch bedienen, wenn er glaubwürdig bleiben will.

Ein brutales Gericht über tatsächliche und vermeintliche Putschisten, das entgegen aller rechtsstaatlichen Grundsätze erst nachträglich mit der Todesstrafe versehen wird, spaltet die Türkei auf Dauer. Zugleich schlägt Erdogan die Tür zu Europa endgültig zu. Unter solchen Bedingungen wird die EU den Türken auch keine Visa-Freiheit gewähren. Für die Beziehungen zwischen Europa und der Türkei heißt das nichts Gutes. Doch eine solche Abkehr vom Rechtsstaat darf die EU Ankara nicht durchgehen lassen.

(kes)
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