Bewerbungen von Habeck und Baerbock Flügelkämpfe um den Parteivorsitz bei den Grünen

Berlin · Mit Robert Habeck und Annalena Baerbock bewerben sich zwei Realo-Politiker für den Vorsitz an der Grünen-Spitze. Dieskönnte dazu führen, dass die Linken in der Partei aufbegehren.

 Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Bündnis90/Grüne) neben der Grünen-Fraktionsvorsitzenden im dortigen Landtag, Eka von Kalben.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Bündnis90/Grüne) neben der Grünen-Fraktionsvorsitzenden im dortigen Landtag, Eka von Kalben.

Foto: Markus Scholz/dpa

Mit Robert Habeck und Annalena Baerbock bewerben sich zwei Realo-Politiker für den Vorsitz an der Grünen-Spitze. Dies könnte dazu führen, dass die Linken in der Partei aufbegehren.

Cem Özdemir ist schon fast "out", aber Robert Habeck auf jeden Fall längst "in" bei den Grünen. Nur wenige Journalisten interessierte, was der scheidende Grünen-Chef Özdemir gestern zur Außenpolitik zu sagen hatte.

Ganz anders das große Interesse an Habeck in Kiel: Der 48-jährige schleswig-holsteinische Vize-Ministerpräsident erklärte dort, warum er Ende Januar Nachfolger Özdemirs an der Grünen-Spitze werden will: "Letztlich haben wir die bedrohliche Situation, dass eine linksliberale, freiheitliche und ökologische Politik jetzt völlig unter die Räder gerät", schrieb er. Seine Kandidatur sei überlegt, mache aber eine Satzungsänderung nötig, deren Durchsetzung nicht einfach werde.

Bei den Grünen gehört es zu den Gründungsprinzipien, dass Parteichefs nicht gleichzeitig ein Regierungsamt haben dürfen. Für Habeck, der noch für ungefähr ein Jahr Minister in Kiel bleiben will, um die junge Jamaika-Koalition dort zu stabilisieren, wäre für diese Übergangszeit eine Ausnahme nötig.

Die Satzungsänderung müsste auf dem Parteitag am 26./27. Januar mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Bisher liegt ein Leitantrag vor, nach dem die strikte Ämtertrennung nur für ein halbes Jahr ausgesetzt werden soll. Der Antrag muss geändert werden, weil Habeck ein Jahr braucht. "Das kann alles schiefgehen", sagte er.

Doch er erfreut sich einer gewissen Beliebtheit, weshalb das riskante Spiel aufgehen kann. Nach fünf Jahren als Landesminister wirkt er noch wie einer von außen, der nicht die übliche Politikersprache spricht. Er trat erst 2002 in die Partei ein, zusammen mit seiner Frau hat er vorher Kinderbücher geschrieben. Habeck ist ein Pragmatiker, der dem Realo-Flügel angehört.

Mit der 37-jährigen Annalena Baerbock strebt nun eine zweite Vertreterin des realpolitischen Flügels an die Parteispitze. Zwei Realos als Parteichefs, mit Katrin Göring-Eckardt noch eine weitere an der Fraktionsspitze - das könnte zu viel sein für die Linken bei den Grünen.

"Ich halte nichts von einer Lex Habeck. Und eine halbe Wahlperiode Übergangszeit geht gar nicht", sagte der Parteilinke Gerhard Schick. "Kein Flügel sollte einen Alleinvertretungsanspruch auf einen Posten haben. Wir brauchen aber eine Führung, die die ganze Partei führen kann und nicht nur einen Teil."

Dass sie durchsetzungsfähig ist, hat die in Hannover geborene und nach Brandenburg umgezogene Bundestagsabgeordnete Baerbock aber schon bestätigt. Erst 2005 kam sie zu den Grünen, schon 2009 war sie Brandenburger Landeschefin und 2012 Mitglied im Parteirat, dem 16-köpfigen Steuerungsgremium. Die Energie- und Europa-Expertin gehörte auch zum 14-köpfigen Sondierungsteam bei Jamaika.

 Die Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) spricht während einer Landesmitgliederversammlung der Hamburger Grünen.

Die Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) spricht während einer Landesmitgliederversammlung der Hamburger Grünen.

Foto: Georg Wendt/dpa

"Jetzt geht es darum, die Politik in Deutschland weder den Populisten noch den bewegungslosen Statikern zu überlassen, sondern unsere Kompetenz und Radikalität zu verknüpfen und so voranzukommen", sagte Baerbock.

(mar)
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